Von Austernschale bis Rechenpfennig

10. August 2009

Löbichau. Vor dem Modernen kam die Suche nach dem Vergangenen: Im Rahmen der umfangreichen Baumaßnahmen am Schloss Löbichau hatte das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Weimar auf dem Areal Ausgrabungen vorgenommen. Aus den Boden- und Lehmschichten förderte das Team der Archäologen kleine und große Schätze zu Tage, darunter Keramikscherben, eine Kette, Austernschalen und ein französischer Rechenpfennig. Die Ergebnisse wurden Mitte Juli vor Ort präsentiert.

Ein Blick auf den kleinen Klapptisch, auf dem die Funde zusammengestellt waren, ließ die bewegten, historischen Zeiten in Löbichau noch einmal lebendig werden. Schwarze Kachelscherben liegen neben anderen Keramikbruchstücken und hölzernen Kugeln " alles Funde, die die Erde freigegeben hat. "Wir haben Stücke aus verschiedenen Epochen gefunden, aus dem Mittelalter bis in die Zeit der Anna Dorothea von Kurland", berichtete Dr. Ines Spazier von der Abteilung Bodendenkmalpflege. "Dabei wurden auch Austernschalen entdeckt. Wir wissen also, dass man sich es hier gut gehen ließ."

In den Grabungsabschnitten, in die das gesamte Areal eingeteilt wurde, fand sich neben einem spätmittelalterlichen Spinnwirtel sogar eine kleine bronzene Kette, die möglicherweise als Rosenkranz verwendet wurde. Über einen Fund freute sich Dr. Ines Spazier aber noch mehr: "Ein französischer Rechenpfennig aus der Zeit Ludwig XV., der aus Messing von Johann Jacob Dietzel gearbeitet wurde und zudem noch sehr gut erhalten ist."

Mit Hilfe einer Zeichnung wurden alle Details des Pfennigs ganz genau festgehalten und der Fundort auf dem Grabungsplan markiert. Ohne Stift und Millimeterpapier wäre die Arbeit des Teams nicht denkbar: "Wir beschreiben und zeichnen die Funde vor Ort noch ganz altmodisch. Wir halten alle Auffälligkeiten fest. Denn selbst moderne Fototechnik bringt da nichts, wenn man später im Büro sitzt und sich fragt: Wie genau hat sich das angefühlt?" Und das kann ganz entscheidend sein, denn beispielsweise allein an der Beschaffenheit des Mörtels können die Archäologen bestimmen, aus welcher Bauzeit Funde stammen.

Mindestens zwei Bauphasen, von der Renaissance bis in die klassizistische Zeit hinein, wurden in Löbichau nachgewiesen. Die Archäologen gingen bei ihren Untersuchungen darüber hinaus der Vermutung auf den Grund, dass das Schlossgebäude auf Eichenpfählen gegründet war. Doch diese Holzspuren waren zunächst nicht nachweisbar. "Laut Planung soll der künftige Pflegeheim-Neubau wegen der hydrologischen Bedingungen tatsächlich auf Eichenpfählen ruhen. Dabei entstehen Bohrkerne, die wir uns ebenfalls noch genauer anschauen werden", erklärte Dr. Ines Spazier. "Dies könnte dann endgültigen Aufschluss darüber bringen, ob nun eine solche Bauweise existierte oder nicht."

Auf eine weitere historische Besonderheit ging Grabungsleiter Dirk Fuhrmann ein, der die Vertreter von Denkmalbehörde, Heimbetriebsgesellschaft und Presse zur Präsentation der Ergebnisse über das Gelände führte. Er berichtete u. a. über den mittelalterlichen Turmhügel im Park. Im 13. Jahrhundert, in Zeiten einer Trockenperiode, baute man solche Burgen gern in feuchten Niederungen, umgeben von Wassergräben.

Traurig darüber, die Zelte nun wieder abzubrechen und nicht weitersuchen zu können, war er nicht: "Was im Boden bleibt, wird für die Archäologie am besten erhalten. Und wer weiß, nach wie vielen Jahren oder Jahrhunderten hier nochmal gegraben wird." Und das, was schon an die Oberfläche befördert ist, soll nun nicht in einem Archiv verschwinden: Diese Fundstücke sollen in Vitrinen im neuen Pflegeheim ausgestellt werden.