Ist der Leipzig-Altenburg Airport am Ende?

15. Januar 2010

Weltweite Suche nach einem Investor beginnt ...

Nobitz. Während Ryanair Anfang Dezember eine neue Flugverbindung ab 31. März 2010 ins spanische Alicante bekannt gibt, heißt es nur wenige Tage später, das Land Thüringen wird nicht als Mitgesellschafter am Airport einsteigen und bereits zugesagte Gelder fließen nun doch nicht.

Damit ist klar, dass die neue Landesregierung in Erfurt sich nicht in die Verantwortung nehmen lässt und damit auch keine aktive Rolle bei der Weiterentwicklung des Leipzig-Altenburg Airports übernehmen will. Anfang des neuen Jahres dann die Meldung, die Stadtwerke Altenburg kündigen ihre Geschäftsanteile zum 31.12.2010

Wie nun weiter? Ist der Flugbetrieb noch gesichert und was muss getan werden, damit auch in den nächsten Jahren der Linienflugbetrieb weiter fortgesetzt werden kann? Diese Fragen stellte Amtsblatt-Redakteurin Silke Manger dem Landrat und Aufsichtsratsvorsitzenden der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH Sieghardt Rydzewski.

Herr Landrat, wie lange ist der Flugbetrieb am Leipzig-Altenburg Airport noch gesichert? 
Sieghardt Rydzewski: Der Linienflugbetrieb für diesen Sommer ist nach der jetzigen Sachlage gesichert. Vielleicht auch mit Einschränkungen, das müssen wir mit den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat in den nächsten Tagen erörtern.

Worin liegen die Ursachen für die Entwicklung der letzten Wochen?

Klar ist, der Airport ist ein Dienstleister für ganz Mitteldeutschland und genau hier liegt das Problem. Derzeit müssen der Landkreis und kleine kommunale Mitgesellschafter diese Aufgabe allein stemmen, obwohl hier eindeutig der Freistaat Thüringen gefordert ist.
Mit der letzten Landesregierung gab es einige Fortschritte in diese Richtung, aber das scheint jetzt nicht mehr gewollt zu sein. Der Freistaat Thüringen hat sich von den bisherigen Zusagen der alten Regierung zurückgezogen.
Zudem hat ein weiterer Gesellschafter zum 31.12.2010 seinen Geschäftsanteil gekündigt. Die verbleibenden kommunalen Gesellschafter Landkreis Altenburger Land, Gemeinde Nobitz, THÜSAC Personennahverkehrsgesellschaft mbH sowie die Stadt Meerane sind damit in der alleinigen Verantwortung und müssen Wachstum sowie Aufrechterhaltung des internationalen Linienflugbetriebes aus eigener Kraft realisieren. Dies ist dauerhaft nicht leistbar, deshalb gilt es jetzt verstärkt im Ausland nach Investoren zu suchen.

Heißt das, der Leipzig-Altenburg Airport muss verkauft werden?

Aus meiner Sicht gibt es nur zwei reelle Möglichkeiten, den Leipzig-Altenburg Airport wirklich voranzubringen. Die eine wäre, der Freistaat Thüringen steigt als Mitgesellschafter ein oder sichert zuverlässig das Wachstum finanziell mit ab. Davon sind wir im Moment weit entfernt. Die andere Variante ist, einen großen und finanzstarken privaten Partner zu gewinnen, der hier möglicherweise eigene Luftfahrtinteressen umsetzen möchte oder der eventuell auch eine längerfristige solide Geldanlage in Deutschland anstrebt. Wir gehen deshalb jetzt weltweit auf die Suche und bieten den Flugplatz zum Verkauf an.

Das Land Thüringen ist seit vielen Jahren mit 95 Prozent Hauptgesellschafter am Erfurter Flughafen und gibt dort Zuschüsse in Millionenhöhe trotz permanent sinkender Passagierzahlen. Durch den Zuwachs an Fluglinien verbucht der Leipzig-Altenburg Airport ständig steigende Passagierzahlen. Was ist der Grund, weshalb sich das Land hier nicht beteiligt?
Warum man davon heute nichts mehr wissen will, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann nur vermuten, dass man wieder mal, so wie das in der Vergangenheit schon versucht wurde, einen unliebsamen Konkurrenten vom Markt drängen will. Denn es ist doch logisch, dass - wenn von hier aus keine Flieger mehr nach London oder Barcelona starten - dann neue Marktchancen für andere entstehen, derartige Fluglinien einzurichten.

Anfang 2010 kam die Meldung, dass ein Gesellschafter seine Anteile zum 31.12.2010 gekündigt hat. Was heißt das konkret für die Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH?
Ich bin darüber sehr enttäuscht, auch vor dem Hintergrund, dass wir vor einigen Jahren zugestimmt haben, dass die 19 Prozent Geschäftsanteile von der Stadt Altenburg an die Stadtwerke übertragen wurden. Die Argumentation damals war, dass die Stadtwerke viel besser in der Lage seien, die finanziellen Leistungen gegenüber der Flugplatzgesellschaft zu erbringen und dass die ein für uns zuverlässiger Partner seien.

Heute sieht die Welt leider ganz anders aus. Für den Airport bedeutet dies zunächst eine komplette Überarbeitung der Wirtschaftspläne. Auswirkungen auf den Flugbetrieb hat das für dieses Jahr erst einmal nicht.

Immer wieder muss man über fehlendes Geld, Umschichtung von Mitteln und einen defizitären Flugplatz lesen. Was ist dran an solchen Meldungen, wer finanziert das alles?
Um noch einmal klar zu stellen, die Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH hat keinen einzigen Euro Schulden. Der Airport braucht Geld von den Gesellschaftern, um eine Flughafenstruktur aufrecht zu erhalten und das nicht nur für Ryanair, sondern für mehr als 11.000 Starts- und Landungen einer Vielzahl von Flugzeugen im Jahr.

Die meisten Gelder haben wir in den vergangenen Jahren in Wachstum investiert. Die gesamte Airportanlage stellt heute ein beachtliches Vermögen dar. Dass die Gesellschaft in den vergangenen Jahren Defizite zu verbuchen hatte, war vor allem dem schnellen Wachstum und immer neuen Investitionen geschuldet. Dabei ging es jedoch immer nur um wenige zehntausend Euro; das war zu verschmerzen. Die wirklich großen Geldsummen brauchen wir für den Ausbau des Linienflugbetriebes, für Investitionen und den allgemeinen Flugplatzbetrieb, einschließlich Fluglotsen, Feuerwehr usw.

In den vergangenen Tagen gab es vehemente Schuldzuweisungen gegenüber Ryanair, das deren Forderungen überzogen bzw. maßlos seien. Wie sehen Sie das?
Sieghardt Rydzewski: Marktwirtschaft funktioniert ausschließlich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Alle wollen Ryanair haben und so können sie sich heraussuchen, wo man hingeht und entsprechende Marketingzuschüsse gezahlt werden. Das ist branchenüblich, wird übrigens auch in Erfurt so praktiziert und findet in anderen Bundesländern ebenfalls die vollste Unterstützung der jeweiligen Regierung. Nur hier wird das jetzt alles in Frage gestellt.

Was muss passieren, damit auch in den nächsten Jahren vom Leipzig-Altenburg Airport Flüge ins europäische Ausland starten können?
Unbestritten und von Fachexperten wie Prof. Klophaus ausdrücklich bestätigt, hat der Leipzig-Altenburg Airport ein enormes Entwicklungspotenzial und könnte schon bald das mitteldeutsche Drehkreuz im Low-cost-Bereich sein. Die Wachstumszahlen der vergangenen Jahre bestätigen das sehr deutlich. Um weiter zu wachsen, brauchen wir noch einige neue Fluglinien und Investitionen in die Flughafeninfrastruktur. Unter der Voraussetzung, dass uns dafür Geld zur Verfügung stünde, übrigens viel weniger als man für den Flughafen Erfurt auszugeben bereit ist, könnte dies hier alles sehr schnell stattfinden. Und nicht zu vergessen, daran hängen Arbeitsplätze, neue Jobs könnten schon bald entstehen und auch die Zahl der Unternehmen am Flugplatz würde weiter wachsen. Das sind keine Spinnereien.

In wenigen Wochen wird am Flugplatz ein neues Terminal eröffnet, welchen Sinn hat das Ganze noch?
Wir brauchen das neue Terminal um zwei Großflugzeuge gleichzeitig abfertigen zu können, diese Situation wird schon in diesem Jahr eintreten. Wenn wir allerdings noch einige solche Überraschungen erleben, wie mit dem Sinneswandel bei der Thüringer Landesregierung oder jetzt erst die Kündigung der Geschäftsanteile durch die Altenburger Stadtwerke, dann kann das auch das Ende unseres Flugplatzes sein. In diesem Fall wäre das neue Terminal sinnlos und echte Geldverschwendung.

Vielen Dank für das Interview!