„Im Landkreis werden 13.421 Menschen aus 3.641 Haushalten befragt.“
Der Leiter der Erhebungsstelle im Landratsamt, Knut Wesser, erläutert im Interview den Zensus 2022.
Altenburg. In wenigen Tagen startet nach 2011 die zweite gesamtdeutsche Volkszählung seit der deutschen Wiedervereinigung. Dabei findet wieder ein registergestützter Zensus statt. Bei dem im Unterschied zur traditionellen Volkszählung Daten nicht von allen Personen erhoben werden, sondern nur von einem zufällig ausgewählten Teil der Bevölkerung.
Für die Durchführung des Zensus, der gemäß einer EU-Verordnung alle zehn Jahre stattfindet, sind in Deutschland die statistischen Ämter des Bundes und der Länder verantwortlich. Diese haben in Landkreisen und kreisfreien Städten sogenannte Erhebungsstellen zur Sicherstellung des Zensus 2022 eingerichtet. Im Altenburger Land hat die Erhebungsstelle ihren Sitz im Landratsamt. Im Interview erläutert der Leiter der Erhebungsstelle, Knut Wesser, den Zensus.
Herr Wesser, was ist der Zensus und warum findet diese Volkszählung statt?
Knut Wesser: Der Zensus ist eine europaweit gesetzlich angeordnete Erhebung von statistischen Bevölkerungsdaten mit folgenden Zielen: Er liefert zunächst einmal verlässliche Bevölkerungszahlen für die Kommunen, die Bundesländer und für Deutschland insgesamt. Neben ergänzenden Daten zur Demografie, wie zum Alter, Geschlecht oder Staatsbürgerschaft, werden auch allgemeine Angaben zur Wohn- und Wohnraumsituation erfasst.
Solche Informationen sind ausgesprochen wichtig. Sie sind Hilfe bei Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Bedeutungsvoll sind die kleinräumig gewonnenen Strukturinformationen für die Städte und Gemeinden. Sie bieten Orientierungshilfe, ob und in welcher Größe etwa Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder Seniorenheime vorzuhalten sind. Letztlich dienen die aktuell gewonnenen Informationen der Korrektur von Fehlern oder Ungenauigkeiten im Datenbestand der statistischen Ämter.
Welche und wie viele Haushalte im Altenburger Land werden befragt?
Befragt werden im Landkreis insgesamt 13.421 Menschen aus 3.641 Haushalten. Wer dabei ist, hat der Zufall entschieden. Die Anschriften wurden stichprobenartig gezogen. Es kann so durchaus sein, dass alle Einwohner eines Hauseingangs befragt werden, die des Nachbarhauses nicht. Außerdem werden Daten aus 41 Sonderbereichen, wie Gemeinschaftsunterkünfte und Wohnheime, erhoben.
Wie läuft die Befragung ab?
Die ausgewählten Haushalte erhalten eine Terminkarte mit Ankündigungsschreiben, mit dem sich Erhebungsbeauftragte anmelden. Im Gegensatz zum Zensus 2011 besteht die Haushaltebefragung nun aus zwei Teilen. Zum einen erfolgt eine Existenzfeststellung (Ziel-1), zum anderen die Ermittlung tief gegliederter Daten zur Bevölkerung, Erwerbstätigkeit und Bildungsniveau (Ziel-2).
Für Ziel-1 erfolgt ein kurzes persönliches Interview an der Tür (etwa 5 Minuten pro Person). Für etwa 40 Prozent der Befragten ist die Erhebung damit beendet. Die restlichen 60 Prozent werden aufgefordert die Daten zu Ziel-2 bestenfalls auf einem Online-Fragebogen zu übermitteln. Dafür übergeben die Erhebungsbeauftragten den auskunftspflichtigen Personen die Online-Zugangsdaten. Aber es besteht auch die Möglichkeit eines telefonischen Interviews, wenn eine Online- Auskunft nicht möglich oder gewünscht ist. In Ausnahmefällen ist auch die Versendung von Papierfragebögen durch die Erhebungsstelle möglich.
Wie groß wird das Zensusteam sein?
Rund 60 Interviewer und Interviewerinnen werden sich, nach dem Stichtag 15. Mai 2022, auf den Weg zu den Haushalten machen.
Ist der Datenschutz gesichert?
Datenschutz ist natürlich oberstes Gebot. Die erhobenen Daten werden durch bauliche, technische und organisatorische Zugangsbeschränkungen in den Rechenzentren der statistischen Ämter gesichert. Darüber hinaus werden alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Datenschutz und Informationssicherheit getroffen, die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten gewährleistet.
Wonach werden die Bürger zum Beispiel befragt?
Nun, wie schon erwähnt, unterscheiden wir die Datenerhebung zu Ziel-1 und Ziel-2 Merkmalen. Die Ziel-1 Merkmale beinhalten zum Beispiel persönliche Angaben (Vor- und Nachname, Adresse, Telefonnummer für Rückfragen), Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Familienstand.
Die Ziel-2 Merkmale, die ja durch die Auskunftspflichtigen selbstständig online gemeldet werden sollen, beziehen sich dann auf Wohnsituation, Bildung und Ausbildung, Berufsstand, Nebenjobs und bezahlte Tätigkeit, Arbeitsort, Branche/Wirtschaftszweig des Betriebes sowie Beruf oder Abschluss.
Ist der ausgewählte Haushalt verpflichtet, am Zensus teilzunehmen und Auskunft zu geben?
Ja, was auch Höchstrichterlich bestätigt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat sich damit bereits zweimal befasst. Im Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 und im Zensusurteil vom 19. September 2018, in dem das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung fortentwickelte. Demnach gilt: Auskunftspflichtige Haushalte, die auf zwei Terminankündigungen des Zensus-Teams nicht reagieren, erhalten ein Erinnerungsschreiben und – falls erforderlich – eine erste und zweite Mahnung. Bleibt auch dann eine Reaktion aus, käme es zu einem Zwangsgeldverfahren.
An wen können sich die Bürgerinnen und Bürger wenden, die Fragen haben?
In erster Linie an ihre(n) Erhebungsbeauftragte(n). Darüber hinaus stehen aber auch die Erhebungsstelle des Landkreises und das Thüringer Landesamt für Statistik Rede und Antwort.