Die Sixtinische Madonna ist zurückgekehrt
Altenburg. 45 Jahre lang war sie verschollen, jetzt ist sie ins Altenburger Lindenau-Museum zurückgekehrt: Louis Castellis Kopie von Raffaels Kultbild der Sixtinischen Madonna. 1847 schuf der Maler das von Bernhard August von Lindenau in Auftrag gegebene Bild.
Lindenaus Kunstsammlung umfasste nicht nur 180 kostbare italienische Tafelbilder vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, Gipsabgüsse, antike Keramiken und eine Kunstbibliothek, sondern er kaufte auch Gemäldekopien berühmter Meisterwerke oder gab diese in Auftrag. Mit diesen Gemäldekopien hatte Bernhard August von Lindenau dem Besucher seines Museums einen vollständigen Überblick über die italienische Renaissance geboten. Neben den frühitalienischen Originalen hingen Kopien der kanonischen Meisterwerke von Raffael, Leonardo da Vinci, Correggio und anderen Malern. Daneben standen Gipsabgüsse nach vorbildhaften Plastiken Michelangelos, Donatellos oder Ghibertis. 1968/69 verkaufte das Lindenau-Museum 190 von 196 Kopien an den Staatlichen Kunsthandel der DDR und dann weiter nach Belgien, darunter auch die Kopie der Sixtinischen Madonna. Seitdem fehlte von dem Bild jegliche Spur. „Doch letzten Jahr tauchten plötzlich zwei der verschollenen Gemäldekopien aus Lindenaus Sammlung wieder auf: Zuerst eine Kopie nach einer „Verkündigung an Maria“ von Fra Angelico, die ein unbekannter Maler des 19. Jahrhunderts geschaffen hatte. Sie war einem Berliner Auktionshaus angeboten worden, das sich an das Museum wandte, da auf der Rückseite des Keilrahmens mehrere Stempel des Lindenau-Museums und die Inventarnummer aufgebracht waren. Der Besitzer des Gemäldes zog es aus der Auktion zurück und so konnten wir das Bild zurückkaufen“, freut sich Museumsdirektorin Dr. Julia M. Nauhaus. Der Zufall wollt es so, dass Nauhaus bei Internetrecherchen schließlich auf ein weiteres vermisstes Bild stieß: auf die Kopie der Sixtinischen Madonna von Louis Castelli, auf dessen Keilrahmen sich glücklicherweise ebenfalls die Inventarnummer des Lindenau-Museums befand. Das Gemälde, im Format etwas kleiner als das Original, war im Mai des vergangenen Jahres in einem Plauener Auktionshaus angeboten und dort nicht verkauft worden. Schnell entstand der Kontakt zum Besitzer und nach hartnäckiger Verhandlung und dank der großzügigen finanziellen Unterstützung der Ernst-von-Siemens-Kunststiftung München gelang der Rückkauf auch dieser Gemäldekopie. „Vor weinigen Tagen haben wir unsere „Sixtinischen Madonna“ schließlich von einem Antiquitätenhändler in Dillingen an der Donau abgeholt und zurück ins Museum gebracht. Schade, dass uns die Madonna nicht erzählen kann, welche Odyssee sie in den vergangenen 45 Jahren hinter sich hat“, so Dr. Julia M. Nauhaus, für die der sensationelle Rückkauf beider Bilder eine Sternstunde für das Lindenau-Museum ist. Beide Gemäldekopien, so Nauhaus weiter, seien in einem sehr guten Zustand. „Einige Restaurierungsarbeiten sind dennoch nötig. Jeder Spender ist uns da herzlich willkommen.“ Die Museumsdirektorin verspricht: „Nach der Oberflächenreinigung werden die Farben in Castellis Madonna-Kopie noch strahlender leuchten und vielleicht kommt die Farbigkeit dem Original Raffaels sogar näher als der echten „Sixtinischen Madonna“. Ob die Kopie schöner als das Original ist, kann dann jeder Besucher für sich entscheiden.“ Bis zum Herbst soll das obere Oktogon des Lindenau-Museums umgestaltet werden. Dort findet dann die Sixtinische Madonna ihren Platz - neben dem Porträt Lindenaus.
Bevor die Restaurierung beginnt, ist die Kopie der Sixtinischen Madonna heute und morgen noch im Lindenau-Museum (1. Obergeschoss) zu sehen. Am heutigen Samstag, 8. März, gibt es um 15 Uhr eine öffentliche Führung mit Museumsdirektorin Dr. Julia M. Nauhaus zum Thema „Die Rückkehr von Lindenaus „Sixtinischer Madonna“ nach Altenburg.
Das Original
Die „Sixtinische Madonna“ von Raffael ist eines der berühmtesten Gemälde der italienischen Renaissance. Geschaffen wurde es in den Jahren 1512 und 1513 von Raffaelo Santi für den Hochaltar der Klosterkirche San Sisto in Piacenza. 1753/54 wurde das Gemälde von August III. erworben und in seine Sammlung nach Dresden gebracht, nach 1945 von der sowjetischen Siegermacht als Beutekunst beschlagnahmt und nach Moskau verbracht. Die Rückgabe an die DDR erfolgte 1955. Das Bild hängt heute in der Dresdner Gemäldegalerie „Alte Meister“.