„Bekämpfung der Corona-Pandemie hat oberste Priorität“
Altenburg. 2020 – was für ein Jahr. Die Arbeit der Kreisverwaltung war maßgeblich bestimmt von der Corona-Pandemie. Doch auch viele weitere Maßnahmen konnte der Landkreis auf den Weg bringen und umsetzen. Amtsblatt-Redakteurin Jana Fuchs sprach darüber mit Landrat Uwe Melzer.
Herr Melzer, 2020 - ein Jahr zum Vergessen?
Uwe Melzer: Eher umgekehrt. Ein Jahr, an das wir uns wahrscheinlich ein Leben lang erinnern. Die Corona-Pandemie hat uns alle vor völlig neue Probleme gestellt – das RKI, die Bundesregierung, die Landesregierung, uns als Kreisverwaltung und natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Noch nie zuvor galt es, eine Krise solchen Ausmaßes zu bewältigen und dementsprechend gab es auch keine Handlungsempfehlungen, auf die wir hätten zurückgreifen können. Dass wir bisher 29 Tote zu beklagen haben, sich fast 2000 Menschen im Altenburger Land nachweislich mit dem Coronavirus infiziert haben, im Klinikum momentan drei Stationen mit Corona-Patienten voll belegt sind, Bürger in Quarantäne geschickt werden müssen und sich der Alltag unglaublich vieler Menschen schlagartig änderte, macht mich sehr betroffen. Und trotzdem: Es gab 2020 aus meiner Sicht auch viele schöne Momente.
Zu den schönen Momenten kommen wir gleich. Doch bleiben wir noch kurz bei der Corona-Pandemie. Hat die Kreisverwaltung die Lage noch im Griff?
Ja. Die Verwaltung und Krisenstab arbeiten auf Hochtouren, personell haben wir im Gesundheitsamt erheblich aufgestockt und wir erhalten Hilfe von der Bundeswehr. Dennoch ist eine gewisse Erschöpfung bei vielen Mitarbeitern zu spüren. Und da spreche ich nicht nur von den Kollegen des Gesundheitsamtes, die in wechselnden Teams auch am Wochenende arbeiten. Sehr viele andere Fachdienste sind ebenfalls in das Thema involviert und die Aufgaben in der Pandemie müssen zusätzlich zu den obligatorischen Arbeiten erledigt werden. Diese Belastung über Monate hinweg ist enorm. Das wird bei Weitem auch nicht damit aufgewogen, dass das eine oder andere Projekt derzeit pandemiebedingt ruht. Das Landratsamt trägt die Hauptverantwortung in der Pandemiebekämpfung. Ich habe höchsten Respekt vor meinen Mitarbeitern, weiß ein tolles und fachlich hoch qualifiziertes Team an meiner Seite und bin mir sicher, dass wir die Krise gemeinsam bewältigen. Eins noch: Dass unser Amtsarzt ohne Erklärung einfach abtaucht, die Verwaltung einem aufgescheuchten Hühnerhaufen gleicht, wir ohne Rücksicht auf Verluste agieren und heimlich eine Turnhalle schließen – mit Verlaub: Das ist schon starker Tobak, der da in der „Osterländer Volkszeitung“ zu lesen war. Das verunsichert nicht nur die Mitarbeiter im Landratsamt, sondern in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger.
Wagen Sie einen Ausblick, wann die Pandemie zu Ende sein könnte?
Da sind sich selbst Wissenschaftler uneinig. Wir werden wohl noch viele Monate damit zu kämpfen haben, ich hoffe aber im Sommer auf eine merkliche Entspannung. Noch ist das Infektionsgeschehen bei uns im Landkreis viel zu hoch, sind wir von einer 7-Tage-Inzidenz von unter 50 pro 100.000 Einwohner meilenweit entfernt. Ich hoffe, dass der bundesweite Lockdown bald Wirkung zeigt. Nachdem die Bundesländer und innerhalb dieser auch noch die am schlimmsten betroffenen Landkreise versucht haben, die Situation mit individuellen Maßnahmen und immer wieder neuen, überall anders lautenden Allgemeinverfügungen in den Griff zu bekommen, war eine bundeseinheitliche Lösung in Anbetracht der flächendeckend hohen Infektionszahlen aus meiner Sicht mehr als überfällig. Sehr froh bin ich darüber, dass eine von 29 Impfstellen in Thüringen im Altenburger Land angesiedelt ist. Sie wird sich im Schmöllner Gebäudekomplex des Klinikums Altenburger Land befinden und von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen betrieben. Jetzt warten wir auf die Zulassung eines Impfstoffes in Deutschland und dann kann es mit dem Impfen losgehen.
Jetzt zu den schönen Momenten in 2020. Können Sie einige Beispiele nennen?
Wir haben dieses Jahr vor allem im Baubereich wieder einiges geschafft, rund 6,5 Millionen Euro in die Sanierung unserer Schulhäuser gesteckt, zehn größere Maßnahmen umgesetzt. Besonders gern erinnere ich mich an das Richtfest für den Grundschulneubau in Nobitz im September. Und die Sanierung der Sporthalle der Rositzer Grund- und Regelschule ist mittlerweile auch so gut wie beendet. Schüler und Vereinssportler können diese schöne Halle bald wieder nutzen, sofern es das Infektionsgeschehen zulässt. Ein Dauerthema sind die Kreisstraßen. Im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten haben wir weitere Straßenabschnitte saniert, zuletzt zwischen Fockendorf und Pahna, zwischen Paditz und Kotteritz sowie in Nöbdenitz. Trotz Generalsanierung und der damit verbundenen Schließung ist unser Lindenau-Museum im Herzen der Stadt Altenburg Anlaufpunkt für Besucher. Die Eröffnung des Interims in der Kunstgasse 1 im Sommer war für mich und viele andere ein schöner Grund zur Freude. Die umfangreichen Bauarbeiten am Altenburger Landestheater schreiten ebenfalls voran. Der Bühnenbereich wurde komplett ausgeräumt und wird von Grund auf neu eingebaut. Zwar rollen noch keine Bagger für den Breitbandausbau, aber auch hier sind wir einen Schritt weiter, haben endlich die Bundesmittel dafür bewilligt bekommen. Für die Kooperationsgemeinschaft Altenburg Ost ist die Telekom bereits mit der Realisierung beauftragt, für den westlichen Teil des Landkreises soll die Beauftragung eines Telekommunikationsunternehmens dann in den kommenden Wochen auch erfolgen. Im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes ist es uns gelungen, sämtliche Fahrzeuge der Feuerwehren und Rettungsdienste, etwa 200, auf Digitalfunk umzurüsten. Ein besonders großer Erfolg 2020 für unseren Kreis: Mit dem Beschluss des Strukturstärkungsgesetzes durch Bundestag und Bundesrat eröffnen sich für das Altenburger Land als Teil des mitteldeutschen Braunkohlereviers neue Möglichkeiten, diesen Strukturwandel aktiv und nachhaltig zu gestalten. Wir werden dafür bis zu 90 Millionen Euro erhalten und sind jetzt im engen Austausch mit dem Freistaat und den Landkreiskommunen, um entsprechende Maßnahmen und Projekte festzulegen.
Das begonnene Trafo-Programm, pandemiebedingt arg ausgebremst, werden wir hoffentlich bald mit vielen spannenden kulturellen Veranstaltungen weiterführen können. Sehr erleichtert und den Kreistagsmitgliedern dankbar bin ich, dass wir mit einem beschlossenen Kreishaushalt ins neue Jahr starten und zügig weitere geplante Investitionen in Angriff nehmen können.
Welche Investitionen werden die wichtigsten sein?
Mit dem Landestheater, dem Lindenau-Museum und der Grundschule Nobitz werden wir drei Großbaustellen fortführen. Knapp eine halbe Million Euro haben wir für weitere Rekonstruktionsmaßnahmen am Lerchenberggymnasium geplant, rund 916.000 Euro für die Sanierung der Turnhalle der Regelschule Treben, etwa 368.000 Euro sollen im Meuselwitzer Seckendorff-Gymnasium verbaut werden. 3,4 Millionen Euro sind im Kreishaushalt für die Kreisstraßensanierung eingestellt, unter anderem für Maßnahmen auf der K512 bei Gößnitz, auf der K522 in Gimmel sowie auf der K506 zwischen Brandrübel und Weißbach, um nur einige Beispiele zu nennen. In unseren Schulen müssen wir dringend digital aufrüsten. Die Corona-Pandemie hat uns schmerzlich vor Augen geführt, wie ungenügend es in Deutschland um die Digitalisierung der Schulen steht. Bund und Länder unterstützen mit dem sogenannten „DigitalPakt Schule“ bis 2024 die Schulträger bei ihren Investitionen in die Ausstattung mit IT-Technik. Für die Schulen in Trägerschaft des Landkreises stehen dafür rund 3,8 Millionen Euro zur Verfügung, die in den Bildungseinrichtungen nun nach und nach für die Einrichtung digitaler Arbeitsplätze und mobiler Endgeräte verwendet werden können. Im dritten Quartal 2021 soll auch der neue Internetauftritt der Kreisverwaltung ans Netz gehen. Natürlich laufen im kommenden Jahr auch verwaltungsintern verschiedene Projekte, um Arbeitsabläufe zu optimieren. Doch bei allem, was wir für 2021 geplant haben: Die Bekämpfung der Corona-Pandemie hat oberste Priorität!