Von der Lateinschule „Schola Altenburgienses“ zur Oberschule – 500 Jahre Friedrichgymnasium

13. September 2023

Die Geschichte der wohl ältesten noch existierenden Bildungseinrichtung in der Stadt Altenburg ist über hunderte Jahre wechselvoll und mit den bedeutenden Ereignissen der jeweiligen Epoche verbunden und von diesen beeinflusst.

In diesem Jahr begeht das Friedrichgymnasium sein 500-jähriges Bestehen. Damit ist es die älteste noch bestehende Bildungsstätte der Stadt. Die Gründung der Schule, ist Ergebnis tiefgreifender Veränderungen auf dem Wege in die moderne Zukunft. Die Ausgangssituation Im frühen 16. Jahrhundert unterstand Altenburg der Ernestiner-Linie der Wettiner. Friedrich III. genannt Friedrich der Weise von Sachsen, residierte damals hauptsächlich in Torgau.

Die Gründung des heutigen Friedrichgymnasiums in Altenburg vor 500 Jahren fällt in die spannende Zeit und Gemengelage der Reformation. Luthers Thesen, sein Handeln und das des Landesfürsten Friedrich des Weisen sind damit eng verbunden.

Bis zur Reformation gab es in Altenburg fünf Klöster beziehungsweise Einrichtungen (Stifte) mit dazugehörigen Kirchen und Kapellen. Unter anderem waren hier der Deutsche Orden, die Augustiner und die Franziskaner ansässig. Den Orden der Stadt waren die bis dahin bestehenden fünf Schulen in Altenburg zugeordnet. Die ältesten urkundlichen Erwähnungen erfahren die Schule des Deutschen Ordens 1272 und die des Augustiner-Chorherrenstift (Rote Spitzen) 1332.

Vor der Reformation unterstanden die katholischen Klöster und Stifte nicht der städtischen Gerichtsbarkeit und zahlten vor Ort auch keine Steuern. Gründe dafür, war um die Klöster dem Stadtrat ein Dorn im Auge waren und die Hälfte der Stadtbevölkerung Anfang des 16. Jahrhunderts in Armut lebte. Zudem werfen die Zeitgenossen, der Mehrzahl der Insassen vor: sie führten ein verschwenderisches und unmoralisches Leben. Immer wieder kommt es deshalb in Altenburg bis in die 1520er-Jahre hinein zu Ausschreitungen und tumultartigen Missfallensäußerungen der Stadtbevölkerung gegen den Klerus.

Martin Luther hielt sich dem Wunsch der Bürgerschaft folgend häufig in Altenburg auf. Insgesamt soll Luther mindestens 15 Mal in Altenburg gewesen sein. 1522 hielt er seine erste Predigt. Seine reformatorischen Ideen fanden in der Bevölkerung der Stadt Altenburg (damals rund 3.000 Einwohner innerhalb der Stadtmauern und weitere circa 1.000 davor) großen Widerhall. Dazu gehörte auch der Wunsch der Bürger nach evangelischen Gottesdiensten. So kamen einige Mitstreiter Luthers nach Altenburg. Der bekannteste ist sicher Georg Spalatin.

Das 16. Jahrhundert

Vor dem Hintergrund der Reformation war der Stadtrat Anfang der 1520er-Jahre darauf bedacht, ein eigenes „Zuchthaus zur Unterweisung der Jugend“ zu gründen. 1522 oder 1523 zog so die erste städtische Schule, (die Lateinschule „Schola Altenburgienses“) in das alte Schulhaus bei der Bartholomäikirche ein. 1524 übernahm Dietrich Reißmann, der von Martin Luther und seinem Mitreformator Philipp Melanchthon dafür empfohlen wurde, das Rektorat der Bildungsstätte.

1530 erlebte die Schule dann ihren ersten Umzug ins aufgehobene Franziskanerkloster (dessen Klosterkirche die alte Brüderkirche war). Etwa in der Mitte des 16. Jahrhunderts besuchten über 200 Schüler die Schola Altenburgienses. Neben der Lateinschule für die höheren Klassen, gab es zeitgleich in Altenburg eine Bürgerknabenschule. Bis ins Jahr 1810 hatte der Rektor beziehungsweise später Direktor der Schola Altenburgienses auch die Aufsicht über die Knabenschule, in der die unteren Klassenstufen unterrichtet wurden.

Spätestens ab 1539 gab es in Altenburg zudem eine Töchterschule, die sich im Schulhaus des Deutschen Ordens befand. Wobei Schule weit zu verstehen ist, denn im Unterricht der Mädchen wurde zwar Lesen und Schreiben erwähnt, vielmehr aber auch nicht. Stattdessen lag das Augenmerk auf den Katechismus.

Das 17. Jahrhundert

Reichlich 100 Jahre später (um 1650) wurde die Schola Altenburgienses von etwa 500 Schülern und fast 100 Schülerinnen besucht. Die beachtliche Schülerzahl, täuscht ein wenig über die dramatische Situation hinweg, in der sich Altenburg in der ersten Hälfte der 1600er-Jahre befand. Luthers Reformation von 1517 beziehungsweise die damit einhergehende Spaltung der Kirche, führte 1618 zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges.

Auch für Altenburg ein Einschnitt. Lebten um 1620 Schätzungen zufolge in und vor der Stadt 5.000 vielleicht 6.000 Menschen, waren es 1643 noch 2.800. Nicht alle haben direkt im oder durch den Krieg ihr Leben verloren beziehungsweise sind den plündern und marodierenden umherziehenden Truppen zum Opfer gefallen. Die vom Krieg schwer gezeichnete und geschwächte Region wurde von der Pest heimgesucht. Allein im Jahr 1633 sollen mehr als 2000 Altenburger an der Seuche gestorben sein. Unter den Toten war zum Beispiel auch ein gewisser Johan Werner, der als Lehrer (Oberbaccalaureen) an der Bürgerknabenschule wirkte. In dieser Zeit waren an der Knabenschule lediglich vier bis fünf Lehrkräfte tätig, der Baccalaureus, der Oberbaccalaureus, der Unterbaccalaureus und der Kollaboratores. Die Widerherstellung von Stadt (und Region) nahm die kommenden Jahrzehnte in Anspruch. Dazu gehörte auch die Einrichtung eines Waisenhauses im ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift (Rote Spitzen). Jedoch verlor Altenburg zeitgleich mit der Bildung des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg an Bedeutung, da die Stadt damals nur noch Nebenresidenz des Herzogs war. Damit kam Altenburg nicht vollumfänglich in den Genuss der herzoglichen Förderung.

Gegen Ende des Jahrhunderts machte sich dann Veit Ludwig von Seckendorff (dessen Vater von den Schweden im Dreißigjährigen Krieg 1642 wegen Hochverrats enthauptet wurde) um das Altenburger Land verdient. Auf sein Konto gehen altenburgische Land-, Gerichts und Prozessordnungen, die die hiesigen Landstände mit dessen Hilfe beim Herzog durchsetzen konnten.

An der Schola Altenburgienses trat 1695 der Doktor der Medizin und studierte Theologe, Sprachwissenschaftler und Philosoph Johann Christian Wenzel, das Amt des Rektors an. Wenzel zählt bis heute zu den bedeutendsten Schulleitern. Unter ihm kam die Schule zu großer Blüte, allein in den drei oberen Klassen nahm Wenzel über 450 Schüler auf.

Das 18. Jahrhundert

Im Mai 1713 wurde die Lateinschule zum Gymnasium erhoben und nach dem damals regierenden Herzog Friedrich II. Fridericianum (oder auch Friedrichgymnasium) benannt.

Bis 1727 wurde die Schule wegen steigender Schülerzahlen um etliche Räume erweitert. Doch d ann musste sie wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Bis 1730 wurde am Standort bei der Brüderkirche ein neues Schulhaus gebaut. An der Töchterschule, die bisher von einer Frau geleitet wurde, die meist auch die einzige Lehrperson war, brach 1737 mit einem Mann als Direktor, neue Zeiten an.

Die Auf klärung bestimmte in weiten Teilen Europas, seit Anfang des Jahrhunderts das Denken in Wissenschaft und Kultur und fand in Ernst II. Ludwig von Sachsen-Gotha-Altenburg einen großen Anhänger. Was unter anderem 1742 zur Gründung der Freimaurer Loge in Altenburg führte. 1774 wurde an der Töchterschule ein zweiter Lehrer angestellt.

Seit etwa Mitte des Jahrhunderts gab es in Altenburg auch eine Garnisonsschule (gegenüber dem Polhof), in welcher Mädchen und Jungen gemeinsam in einer Klasse unterrichtet wurden. 1786 wurde die Schule, die anfangs für Soldatenkinder bestimmt war, zu einer freien Schule erhoben. Es wurden zwei Lehrer eingestellt und zwei Klassen gebildet.

Die neuen Gedanken der Aufklärung führten 1789 zur Französischen Revolution. Viele Machthaber der meist absolutistisch regierten Nachbarstaaten sahen diese Entwicklung mit großer Sorge. Sie versuchten die Wirkung der Revolution einzudämmen beziehungsweise rückgängig zu machen. Dies wiederum mündete ab 1792 (Kriegserklärung durch Frankreich) in den Napoleonischen Kriegen.

Im selben Jahr 1792 begann die Ausbildung von Lehrern in Altenburg. Die zwölf Studenten des Lehrerseminars, wurden in Privathäusern unterrichtet. 1795 wurde ein Internat für sechs Studenten in Altenburg errichtet.

Das 19. Jahrhundert

Der neue Regent August von Sachsen-Gotha-Altenburg, der 1804 den herzoglichen Thron bestieg, galt als glühender Verehrer Napoleons, was ihm und dem Land in den Napoleonischen Kriegen zum Vorteil gereichte.

Am Fridericianum erscheint im Jahr 1808 die erste Ausgabe der „Nachrichten von dem Friedrichgymnasium“, dem Jahrbuch der Bildungsstätte. Darin veröffentlichen die Rektoren auch selbst verfasste wissenschaftliche Abhandlungen. Derweil hatte den französischen Kaiser das Kriegsglück verlassen. Noch vor der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813, fanden südlich von Altenburg im September schwere Gefechte statt.

Mit sogenannten Streifcorps störten die Alliierten die Nachschubwege Napoleons. Dem wollten die Franzosen ein Ende setzen, woraufhin es zum Gefecht bei Altenburg kam. Napoleon verlor. Bereits 1811 zog Friedrich Arnold Brockhaus (von Amsterdam) nach Altenburg und arbeitete hier für sechs Jahre als Verleger (bis er mit seinem Verlag 1817 nach Leipzig umsiedelte). Brockhaus veröffentliche in Altenburg eine Auflage seines Conversations-Lexikons und publizierte Prosa von Autoren wie Theodor Körner oder E. T. A. Hoffmann. Zu Zeiten der Völkerschlacht verlegte Brockhaus zudem politische Texte auch von namhaften Autoren wie etwa von Carl von Clausewitz.

1837 ging das Patronat der obersten Lehrkräfte des Fridericianum von der Kircheninspektion an die Stadt über. Damit war das Friedrichgymnasium nun eine reine Landesanstalt. Kurz darauf begann die Stadt einen Schulneubau für das Gymnasium. Grundsteinlegung war im Juni 1838, Einweihung November 1841. Das neue Schulhaus wurde nach Herzog Joseph Josephinum benannt. Die Bildungsstätte selbst behielt aber den Namen Fridericianum oder Friedrichgymnasium. 1848 zog ins Parterre des Josephinums das Lehrerseminar ein. Insgesamt 24 Studenten wurden zu dieser Zeit zum Volksschullehrer ausgebildet.

1859 wurde ein eigenes Haus für das Lehrerseminar am kleinen Anger errichtet. Ostern 1861 bezog die Anstalt den Neubau.

Kulturell war das Ende des Jahrhunderts vom Wirken zweier bedeutender Denker und Politiker geprägt. Hans Wilhelm von Thümmel und Bernhard August von Lindenau beeinflussten das Leben und die Bildung im Herzogtum. In Altenburg steht dafür im Besonderen die Kunstschule, die Lindenau gründete und seiner Kunstsammlung anschloss.

Die Gründerjahre haben mannigfaltig die Stadt verändert und in vielen Lebensbereichen einschließlich Kultur und Bildung Spuren hinterlassen, die noch heute Altenburg prägen. Auch das 1871 eingeweihte neue herzogliche Hoftheater ist Teil der hiesigen Bildungsgeschichte. Noch vor der Jahrhundertwende im Jahr 1896 wurde mit den Bau eines neuen Schulhauses an der Geraer Straße begonnen.

Das 20. Jahrhundert

1901 begann die Stadt mit dem Neubau einer Schule am Hospitalplatz, in die das Friedrichgymnasium 1909 einzog. Im alten Friedrichgymnasium ist heute die Volkshochschule des Altenburger Landes untergebracht. 1902 zieht das Lehrerseminar in den Neubau der Geraer Straße. Ende 1919 wird in Altenburg eine Volkshochschule eröffnet.

Das Schulhaus in der Geraer Straße, wo seit etwa 30 Jahren das Lehrerseminar untergebracht war, wird 1930 vom Friedrichgymnasium bezogen, wo bis heute Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Der Standort am Hospitalplatz bleibt Teil des Friedrichgymnasiums, das nun zwei Häuser hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Gymnasium 1945 durch die sowjetische Militäradministration wiedereröffnet.

Von 1946/1947 wird das Gebäude des Friedrichgymnasiums in der Geraer Straße in Erweiterte Oberschule „Karl Marx“ umbenannt. Mit einem gebastelten Sendersstören Schüler und Lehrer die Radioübertagung von Stalins 70. Geburtstag rund um Altenburg. Es werden 17 Personen, Schüler und Lehrer des Friedrichgymnasiums festgenommen. Zwei Lehrer und ein Schüler werden 1950 in Moskau hingerichtet. Nach der Wende, hieß die Bildungsstätte erst Staatliches Gymnasium Geraer Straße.

1993 bekam die Schulen den Namen Friedrichgymnasium zurück.

Das 21. Jahrhundert

Mit dem Schuljahr 2002/2003 wurden das Friedrichgymnasium und das Platanengymnasium zu einem Gymnasium vereint.

Quellen:
Löbe, Julius; Löbe, Ernst Conon: Geschichte der Kirchen und Schulen des Herzogthums Sachsen-Altenburg: mit besonderer Berücksichtigung der Ortsgeschichte, Erster Band. Altenburg 1886; Hoffmeister, Hans; Wahl, Volker: Die Wettiner in Thüringen, Geschichte und Kultur in DeutschlandsMitte, Arnstadt/Weimar 1999; Dr Kessler, Hans-Joachim;
Martin Luther in Altenburg in „Altenburger Geschichts- und Hauskalender 1996“, Altenburg; Rudolf Fritzsche, Die Stadt Altenburg im dreißigjährigen Kriege, Langensalza 1912;
Begleitheft zur Sonderausstellung: Die Reformation in Altenburg, Krisis-Aufbruch-Reform-Visitation, Geschichte einer Wendezeit Textheft, Altenburg 1996; www.friedrichgymnasium-altenburg.de