Tag des offenen Denkmals: Landkreis ehrt seine Preisträger
Altenburg. Für hervorragendes Engagement auf dem Gebiet der Denkmalpflege im Landkreis Altenburger Land werden heute Abend zur Eröffnungsveranstaltung des Denkmaltages in der Altenburger Brüderkirche Katrin Müller und Wolfgang Hermus für die beispielgebende Restaurierung der ehemaligen Fabrikantenvilla in der Bahnhofsstraße 31 in Lucka sowie Martina und Bernd Bauch für ihre Initiativen bei der Erhaltung und Instandsetzung des denkmalgeschützten Fachwerkhofes in Ehrenhain ausgezeichnet. Diese Ehrungen sind mit einer finanziellen Anerkennung von je 1000 Euro verbunden.
Katrin Müller und Wolfgang Hermus
Im Jahr 2017 kauften Katrin Müller und Wolfgang Hermus das arg sanierungs- und reparaturbedürftige ehemalige Fabrikantenwohnhaus mit repräsentativem Vorgarten in der Bahnhofstraße 31 und verlagerten ihren Lebensmittelpunkt von Eberswalde nach Lucka. Bis zur Unkenntlichkeit verwahrlost, überformt, überstrichen und überbaut waren die noch vorhandene originale Bauausstattung und die Außenhülle des Gebäudes. Es gehörte schon eine kräftige Portion Vorstellungsvermögen dazu, sich dieses über Jahrzehnte vernachlässigte Haus mit dem verwilderten Garten schönzudenken. Die Vision von Katrin Müller und Wolfgang Hermus: Die Einrichtung eines kleinen gemütlichen Cafés im Erdgeschoss, eines eigenen Wohndomizils im ersten Obergeschoss und einer Pension im Dachgeschoss. Der Anspruch: Alles Originale zu erhalten, zu restaurieren und wo nötig zu rekonstruieren und dabei möglichst vieles selbst in Handarbeit zu erledigen. Dass die Sanierung drei Jahre in Anspruch nehmen würde, ahnte das Paar nicht. Zu den Hauptsanierungsarbeiten von Dach und Fassade traten viele der aufwändigen kleinen Detailarbeiten erst mit den Freilegungen während der Bauphasen zu Tage. Da wurden zum Beispiel die völlig unkenntlichen, mit schwarzer Patina überzogenen Messinghalterungen und hinter Wandverkleidungen versteckten bauzeitlichen Rollläden entdeckt. Fremdverwendete originale Fenstergriffe und Türklinken wurden aufgefunden, repariert, gereinigt und eingebaut. 27 profilierte Fenster mit Fensterbänken wurden von alter Farbe befreit, geschliffen, repariert, gespachtelt und mit dreifachem Anstrich versehen. Alle Innentüren, die hölzernen Fußböden und die Treppenanlage wurden per Hand aufgearbeitet. Zerstörte und instabile Bleiglasfenster wurden restauriert und zum Teil ersetzt. Die historischen Fliesen im Eingangsbereich wurden ausgebaut, gesäubert, ergänzt und wieder verlegt, die bauzeitlichen Kachelöfen abgebaut, die Kacheln stilgerecht restauriert und wieder gangbar gemacht. Auch die Stuckelemente an der Fassade hat Wolfgang Hermus selbst aufgearbeitet und ergänzt. Ein attraktiver Vorgarten wurde mit Liebe angelegt und mit einem dem Original nachempfundenen schmiedeeisernen Zaun wieder eingefriedet, so dass das Villenensemble heute eine Augenweide in der Luckaer Bahnhofstraße ist. Vor jedem einzelnen Arbeitsschritt wurde über mögliche Ausführungsvarianten diskutiert, auch mit den Mitarbeitern der Denkmalpflege, kein Detail wurde dem Zufall überlassen.
Passend zum Stil des Hauses wurde das Café geschmackvoll mit klassischem Mobiliar eingerichtet. Dabei hat Katrin Müller jedes Möbelstück selbst restauriert. Seit 2020 ist das kleine Café eröffnet und einige von den Luckaern, die mit Spannung den Baufortschritt über den Gartenzaun beobachtet haben, gehören heute zu den Stammgästen.
Katrin Müller und Wolfgang Hermus haben mit dieser Instandsetzung beispielhaft gezeigt, wie ein Denkmal unter Erhaltung der historischen Strukturen und Bauelemente stil- und sinnvoll umgenutzt werden kann. „Nocheinmal“ – so ist der Name des Cafés. Katrin Müller und Wolfgang Hermes haben ihre Villa noch einmal zu neuem Leben erweckt.
Martina und Bernd Bauch
Auch wenn die Hofstelle weitaus älter ist, wurde das Umgebindewohnhaus mit dem Laubengang um 1670 erbaut. Torhaus und Stallgebäude, ebenfalls mit einem offenen Laubengang, stammen aus den Jahren um 1708 und die Scheune aus den Jahren um 1835. Ein Blickfang ist das beeindruckende Torhaus mit gezimmertem Holztor und der kleinen Pforte. Ehrenhain, bis 1709 Fuchshain genannt, war kein typisches Bauerndorf. Angesiedelt waren eher Handwerker und wenige Handgüter, die im Dienste des großen Rittergutes standen. So auch dieser Hof, der nachweislich seit 1760 im Besitz der Familie Bauch steht und von Erich Bauch noch bis 1980 bewirtschaftet wurde. Der Hof ist heute als einer der wenigen in der Region noch nahezu unverfälscht – ein Zustand, für den Bernd Bauch als jüngster Hoferbe gesorgt hat. Bis 2009 wurde der Hof noch von den Eltern bewohnt ehe er an Bernd Bauch überging.
Schon zu Lebenszeiten seiner Eltern gehören Maurer-, Lehmbau- und Putzarbeiten an allen Gebäuden zu ständigen Arbeiten, für die Bernd Bauch seine Freizeit nutzt. Aber nicht nur um Pflege und Erhalt der Gebäudesubstanz wird sich gekümmert. Familie Bauch ist ständig bemüht, das vergangene ländliche Leben auf dem historischen Hof der Öffentlichkeit nahezubringen. Mit Partnern wie ehemals dem Heimatverein, örtlichen Handwerksbetrieben oder heute den Ehrenhainer Landfrauen und der Grundschule werden Veranstaltungen und Hoffeste organisiert, die fest im Ehrenhainer Gemeindeleben etabliert sind. Regionalen Handwerks- und Landwirtschaftsbetrieben, Kulturgruppen, Hobbysammlern und Bastlern wird eine Plattform geboten, ihre althergebrachten Techniken und Produkte vorzustellen. Vor den Augen der Gäste werden Dreschmaschinen angeworfen, die Funktion der Wäschemangel wird schon den Kleinsten erklärt, Sauerkraut wird gestampft, Holzwasserleitungen werden nach alter Handwerkstradition gefertigt, Butter wird im Fass erzeugt. Vorträge zur Hofgeschichte und zu den Ergebnissen der jüngsten baugeschichtlichen Untersuchungen gehören ebenso dazu. In den oberen Räumen des Wohnhauses, in der Porstube und in den Gewölben gibt es vom bäuerlichen Geschirr, Mobiliar, altem Handwerks- und landwirtschaftlichem Gerät, Spielzeug und altem Schriftmaterial vieles zu entdecken.
Hauptanliegen von Familie Bauch ist der Erhalt der originalen Bausubstanz. Ständige Kontrolle, Pflege und Reparatur an Fachwerk, Lehmfeldern, Ausstattung und Ausstellungsstücken ist unumgänglich, kostet Geduld und Zeit. Aber auch einschneidende Baumaßnahmen wie die Behebung der durch Umbauten an Bohlenstube und Umgebinde herbeigeführten baulichen und gestalterischen Mängel sind für Bernd Bauch ein wichtiges Ziel. So wurden, wie typisch in den 60er Jahren, die Fenster in der Bohlenstube verbreitert und dabei wurde empfindlich in die Holz- und Umgebindekonstruktion eingegriffen. Nach Sanierungsplänen des Bauforschungsbüros „Scherf-Bolze-Ludwig“ wurde 2019 mit der aufwändigen Rekonstruktion begonnen, die, wenn es planmäßig vorangeht, im nächsten Jahr abgeschlossen wird. Der Hof, die Hof- und Familiengeschichte mit all den sichtbaren und erlebbaren historischen Details liegen Bernd Bauch am Herzen. Es sind Abertausende von Stunden, die Bernd Bauch in Eigenleistung aufgewandt hat, neben seiner beruflichen Tätigkeit. Dazu kommen die finanziellen Mittel, die für die Handwerkerarbeiten aufgebracht werden mussten. Längst sind noch nicht alle erforderlichen Arbeiten abgeschlossen. Es folgt noch der Einbau der bereits maßgefertigten Fenster und die Restaurierung der Bohlenstube.
Familie Bauch hat ein einzigartiges Kulturdenkmal im Altenburger Land erhalten.