Sterbliche Überreste von 46 Toten aus Massengrab im Leinawald geborgen
Nobitz. Was seit langem vermutet wurde, ist zur traurigen Gewissheit geworden: Im Leinawald kamen Menschen zu Tode, die in einem Massengrab unwürdig verscharrt wurden - vermutlich im zweiten Weltkrieg und in der Zeit kurz danach.
Im Mai dieses Jahres fand ein Journalist nach Hinweisen eines Heimatforschers einen Oberschenkelknochen im Leinawald. Daraufhin wurde die Fundstelle von der Polizei abgesperrt, das Landesverwaltungsamt Thüringen und der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge eingeschaltet. Zugleich startete Landrat Sieghardt Rydzewski gemeinsam mit dem Altenburger Geschichtsverein einen Aufruf an die Bevölkerung: Zeitzeugen sollten sich melden, die Informationen haben über die Geschehnisse im Leinwald im zweiten Weltkrieg und in der Zeit kurz danach. Und tatsächlich: Bis heute gingen fast zwei Dutzend wertvoller Hinweise beim Altenburger Geschichtsverein ein.
Anfang September rückte der Kampfmittelräumdienst an, um das Areal der vermutlichen Massengrabstelle nach Munition abzusuchen. Gefunden wurden Kleinkalibermunitionsstücke, aber auch ein Teil einer Panzerfaust, die entschärft werden musste. Erst danach konnte der Volksbund für Kriegsgräberfürsorge am 19. September mit den Grabungen beginnen. Für vorerst drei Tage vom Thüringer Landesverwaltungsamt genehmigt und geplant, begannen vier aus Kassel angereiste Mitarbeiter des Volksbundes den Waldboden mit Hilfe von Baggertechnik und Schaufeln bis zu einer Tiefe von zwei Metern zu öffnen. Zutage kamen nach und nach die sterblichen Überreste von 46 Menschen – wie erste Untersuchungen ergaben zumeist jungen Männern im Alter zwischen 20 und 25 Jahren und einer Frau. Zudem konnten weitere Fundstücke gesichert werden, darunter Stoffreste, ein Kamm, ein Taschenmesser, Teile einer Geldbörse. Die wertvollsten Fundstücke jedoch sind mehrere sogenannte Stalag-Marken (Stalag - Stammlager), die darauf hindeuten, dass es sich bei den Opfern um Menschen eines Kriegsgefangenenlagers handeln könnte, dass sich im zweiten Weltkrieg in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes befand. „Wir haben in den drei Tagen vermutlich erst die Hälfte des tatsächlichen Massengrabes geöffnet. Auf einer Fläche von rund 25 mal 10 Metern sind wahrscheinlich noch weitere Tote zu finden“, sagt Joachim Kozlowski, der die Arbeiten vor Ort leitete. Bereits vorgenommene Sondierungen haben ergeben, dass mit weiteren Skelettfunden zu rechnen ist. Henrik Hug, Geschäftsführer des Thüringer Landesverbandes im Volksbund, der die Grabungen persönlich begleitete, wird nun mit dem Landesverwaltungsamt klären, ob und wann der Volksbund die Exhumierungen fortsetzen kann.
Landrat Sieghardt Rydzewski informierte sich vor Ort über die Grabungsarbeiten und sagte: „Wir müssen dieses traurige Kapitel der Geschichte jetzt würdevoll zu Ende bringen. Den Opfern und ihren Hinterbliebenen sind wir es auch nach so vielen Jahren noch immer schuldig, dass die Toten eine würdevolle letzte Ruhestätte an einem geeigneten Ort des Gedenkens finden. Der Leinawald wird einige Geheimnisse aber bis in alle Ewigkeit behalten“.
Die Kriminalpolizei sicherte die Grabungen vor Ort ab und übergab die sterblichen Überreste an die Staatsanwaltschaft, die die Gebeine jetzt gerichtsmedizinisch untersuchen lässt. Erst danach werden sie ihre letzte Ruhestätte finden. Wo genau das sein wird, ist derzeit noch offen.
Aussagen von Zeitzeugen offenbaren: Das jetzt entdeckte Massengrab wird nicht das einzige im Leinawald sein.