„Unser Zusammenleben kann ohne ein Mindestmaß an Regeln nicht funktionieren“
Liebe Bürgerinnen und Bürger, Unsicherheiten und Krisen prägen nach wie vor unser aller Leben. Leider, muss man sagen. Nach zwei Jahren Kampf gegen die Ausbreitung der besonders aggressiven Varianten des Corona-Virus, sind wir nun mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine treffen auch uns im Altenburger Land mit voller Wucht.
Auf der einen Seite strömen unentwegt Flüchtlinge in die Bundesrepublik, nach Thüringen und in den Landkreis. Seit dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts zwischen Russland und seinem Nachbarstaat sind rund 1400 Menschen aus der Ukraine im Altenburger Land angekommen. Deren Unterbringung und Versorgung sicherzustellen, bedeutet eine enorme Kraftanstrengung für alle staatlichen Stellen. Parallel dazu steigen praktisch in allen Lebensbereichen die Kosten sowohl für private als auch öffentliche Haushalte. Wir erleben eine Inflation, die vor einem Jahr unvorstellbar war. Vorangetrieben wird diese von einer Energiekrise, die ich nie für möglich gehalten hätte. Dass im Jahr 2022 die Menschen in unserem Landkreis die Sorge umtreibt, dass sie womöglich über die Wintermonate frieren müssen, hätte wohl keiner erwartet.
Ich weiß auch aus meinem privaten Umfeld, welche großen Ängste das alles auslöst. Die Bevölkerung, Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen sind von enormen Kostensteigerungen betroffen. Es ist gut, dass von der Bundesregierung endlich die sogenannte Gaspreisbremse auf den Weg gebracht wurde. Jedoch hätte ich mir eher Klarheit gewünscht und ein ausgewogeneres Paket, denn es wird im Grunde nur ein Teil der Bevölkerung unterstützt. Doch ich weiß auch, dass nie alle Wünsche erfüllt werden können, erst Recht, wenn es um das Verteilen knapper Ressourcen geht. Ich kann die Unzufriedenheit verstehen.
Zum Glück leben wir inzwischen in einem Staat, in dem es nicht nur normal ist, dass die Menschen ihren Protest äußern, vielmehr gehört es zu den demokratischen Grundfesten unserer Republik. Nicht für umsonst sind Meinungs- und Versammlungsfreiheit verfassungsrechtlich gesicherte Grundrechte. Eine Demokratie, in der die Menschen ihren Unmut nicht mit Demonstrationen auf die Straße bringen können, ist schlichtweg nicht denkbar. Es ist das gute Recht eines jeden, gegen politische Entscheidungen zu demonstrieren. Jedoch kann unser Zusammenleben nicht funktionieren, wenn wir bei allen Unterschieden und gegensätzlichen Überzeugungen nicht ein Mindestmaß an Regeln einhalten. Ich denke da natürlich auch an die Demonstrationen, die jeden Montag in Altenburg stattfinden. Das ist grundsätzlich in Ordnung und nicht zu kritisieren. Mit großer Sorge habe ich jedoch zur Kenntnis genommen, dass diese Veranstaltungen nicht angemeldet wurden. Notwendige polizeiliche Maßnahmen zur Verkehrsregelung konnten nicht durchgeführt werden, was aber nötig ist, um das Recht auf Demonstration zu sichern und die Teilnehmenden zu schützen. Aber auch schutzwürdige Bedürfnisse und Rechte jener, die nicht demonstrieren möchten, konnten so nicht im nötigen Maß gewahrt werden.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal dringend dazu aufrufen, die Demonstrationen im Vorfeld anzumelden, damit unsere Ordnungsbehörden ihre Arbeit im Sinn aller Menschen wahrnehmen können. Kräfte, die jede Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen ablehnen und unser demokratisches Gemeinwesen in Frage stellen und deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sind keine Anwälte der Freiheit und Gerechtigkeit. Auch das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben, wenn Sie das nächste Mal Ihr gutes Recht aufs Demonstrieren wahrnehmen. Achten Sie darauf, welchen Parolen und Fahnen Sie folgen.
Ihr Landrat Uwe Melzer