Sonnige Aussichten für den Flugplatz
Nobitz. Für 10 Uhr hatte Jürgen Grahmann seine Gäste am 16. April auf den Flugplatz eingeladen. Doch dann geriet der Zeitplan des Geschäftsführers um mehr als ein akademisches Viertel in Verzug. „Der Flugverkehr hat Vorrang“, sagt Grahmann und lässt alle Besucher weiter warten. Erst als der Düsenjet der Lufthansa um 10:17 Uhr auf der Startbahn in östliche Richtung abgehoben hatte, erhielt der vollbesetzte Sonderbus der THÜSAC die Erlaubnis zur Einfahrt in den Sicherheitsbereich. Der zweistrahlige Düsenjet, eine Cessna Citation, landete nur wenige Minuten später wieder auf dem Airport, um gleich danach erneut zu starten. „Das Lufthansa Flight Training Bremen ist gerade da, wie so oft. Im Rahmen der Pilotenausbildung wird der Instrumentenanflug geübt“, erklärt Jürgen Grahmann.
Auf dem Nobitzer Airport geht es dieser Tage alles andere als ruhig und beschaulich zu. Zahlreiche Kleinflugzeuge starten und landen, dazu weitere größere Geschäftsmaschinen, auch Ambulanzflüge sind angemeldet. Die Learjets des Volkswagen-Konzerns treffen in aller Regelmäßigkeit ein, damit die Vorstände von hier aus schnell ins Werk nach Mosel gelangen; auch in dieser Woche. Es ist Betrieb auf dem Regionalflugplatz. Auch, seitdem es keine Linienflüge mehr gibt. Und die Verkehrszahlen des letzten Jahres können sich sehen lassen: 10.705 Flugbewegungen wurden 2011 gezählt, sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Doch neben dem täglichen Flugverkehr bestimmen derzeit vor allem Bagger und Baufahrzeuge fast zwei Kilometer entfernt von Terminal und Verwaltung das Geschehen auf dem Gelände. Und deswegen sind am 16. April auch die Gäste da - Lokalpolitiker, Mitarbeiter des Landratsamtes und des Flugplatzes, Bürgermeister und natürlich all jene Akteure, die das Vorhaben Photovoltaik monatelang geplant und unterstützt haben. Mit dabei Thomas Kercher, Geschäftsführer der PFALZSOLAR GmbH, Investor und Betreiber der neuen Photovoltaikanlage. Der symbolische Spatenstich soll heute erfolgen für einen der größten Solarparks in Thüringen.
Die sogenannte Zone 2 des Flugplatzes, eine von vielen Flächen fernab der Rollbahn, die für den Flugverkehr nicht gebraucht wird, ist kaum wiederzuerkennen: 9.000 Bäume, überwiegend Pappeln, wurden gefällt, 14 alte Shelter abgerissen, in denen die Sowjets einst ihre MIG's versteckten, das Erdreich begradigt. In den kommenden Wochen wird hier auf einer Fläche von rund 16 Hektar eine 12-Megawatt Photovoltaikanlage entstehen, deren Strom direkt ins envia-Netz eingespeist wird. Die Anlage deckt den Jahresstromverbrauch von über 3.000 durchschnittlichen Haushalten. Doch damit nicht genug. Bereits jetzt hält der Investor, die PFALZSOLAR GmbH, die Option für weitere 25 Hektar ungenutzte Flugplatzflächen, um den Solarpark zu einem späteren Zeitpunkt zu erweitern. „Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Flugplatz, der Gemeinde Nobitz und den örtlichen Behörden, insbesondere dem Landratsamt, war es möglich, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Projektrealisierung zügig zu schaffen“, freut sich Thomas Kercher. Bis Juni soll die Anlage fertig sein, gerade rechtzeitig, um für den produzierten Solarstrom die volle finanzielle Vergütung zu erhalten, wie sie vor dem Inkrafttreten der Änderung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) galt.
Landrat Sieghardt Rydzewski, die Flugplatz-Geschäftsführer Jürgen Grahmann und Dietmar Harbig sowie PFALZSOLAR-Geschäftsführer Thomas Kercher haben schließlich einige Mühe, ihre Spaten in den harten Boden zu stechen, um so symbolisch den Start für den Bau zu vollziehen. Doch es gelingt. So, wie es auch gelungen ist, den Flugplatz bis heute am Leben zu halten. Auch ohne täglich startende Ryanair-Boeings. „Ich bin froh, dass ich zu keinem Zeitpunk auf jene gehört habe, die mir immer wieder gesagt haben: Mach den Flugplatz endlich zu“, bekennt Sieghardt Rydzewski. „Der Flugplatz ist und bleibt ein ganz wichtiger Standortfaktor für unsere Region. Der Platz wird auch weiterhin offen für den Flugverkehr bleiben; fast 11.000 Starts und Landungen im letzten Jahr sprechen für sich. Und mit der Photovoltaikanlage generiert der Flugplatz nun zunehmend eigene finanzielle Einnahmen und wird in wenigen Jahren keine öffentlichen Zuschüsse mehr brauchen“, so der Landrat weiter.
Neben der PFLALZSOLAR GmbH ist noch ein weiterer Partner in das Geschäft mit der Sonne auf dem Flugplatz eingestiegen. Die im November 2011 neu gegründete Energiegenossenschaft Ostthüringen eG mit Sitz in Schmölln, die ihr erstes Solarprojekt gerade in Rositz abgeschlossen hat, plant derzeit, Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen verschiedener Flugplatzgebäude zu installieren. Knapp ein Hektar soll die Gesamtfläche betragen.
Sonnige Aussichten also für den Flugplatz, der im kommenden Jahr seinen hundertsten Geburtstag feiert. Übrigens mit einem großen Flugplatzfest im Sommer 2013, wie Geschäftsführer Jürgen Grahmann schon heute verspricht.