Offener Brief von Landrat Uwe Melzer
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Altenburger Land, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung, sehr geehrter Herr Düffert, Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der Madsack Mediengruppe, sehr geehrte Frau Suppa, Chefredakteurin der „Leipziger Volkszeitung“,
die monatelange, aus meiner Sicht oftmals unsachliche Berichterstattung in Teilen der lokalen Presse, die damit verbundene Demontage der Mitarbeiter des Landratsamtes sowie die erzeugte Verunsicherung der Bevölkerung kann und möchte ich nicht länger unkommentiert lassen. Mit diesem Offenen Brief wende ich mich an die Öffentlichkeit, um diversen Artikeln und Kommentaren entgegenzutreten.
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt, mit diesem Brief stelle ich mich vor Sie. Sie leisten eine sehr gute Arbeit zum Wohl des Landkreises. Ein Fakt, der so in der öffentlichen Darstellung mancher Medien in den vergangenen Monaten nicht gewürdigt wurde. Sicher ist es das Recht und die Pflicht der Presse, auch nach dem sprichwörtlichen Haar in der Suppe zu suchen. Es ist für unser demokratisches Zusammenleben erforderlich, dass Journalisten auf Probleme, Missstände oder fehlerhafte Entwicklungen hinweisen. Wird dabei jedoch unterschlagen, was gut und richtig läuft, gar von „Begründungsirrsinn“ in einem „aufgescheuchten Hühnerhaufen“, in dem „der Kreischef die Kontrolle verloren hat“, geschrieben, dann entsteht ein Zerrbild. Ein Zerrbild, das – wenn überhaupt – nur ungenügend Ihre tägliche Arbeit im Landratsamt beschreibt. Ich möchte Ihnen für Ihren Einsatz danken. Sie leisten nicht erst seit der Corona-Krise eine fachlich ausgezeichnete Arbeit. Ich schätze Ihr unermüdliches Engagement, Ihre Entscheidungen und Ratschläge außerordentlich.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, ich wende mich mit diesem Brief auch an Sie. Ich bin gern Ihr Landrat und möchte das Beste für unseren Landkreis erreichen. Ich versichere Ihnen, dass die Mitarbeiter des Landratsamtes nicht gegen die Interessen des Landkreises und seiner Bürgerinnen und Bürger arbeiten, wohlwissend, dass nicht jede Entscheidung von allen gleichermaßen mitgetragen wird.
Die Corona-Krise ist für uns alle eine große Herausforderung. Die aktuelle Situation verlangt Entscheidungen, für die es keine Lehrbeispiele gibt. Gerade dieser Tage ist es schwer, Maßnahmen zu ergreifen, die die Sicherheit aller Einwohner gewährleisten und gleichzeitig die individuellen Rechte jedes Einzelnen berücksichtigen. Ein aktuelles Beispiel: Natürlich ist den Führungskräften in der Kreisverwaltung und mir bewusst, dass viele Sportler, darunter auch Kinder, erhebliche Nachteile haben, wenn wir die Turnhalle in der Lindenaustraße als Abstrichstützpunkt und zur Kontaktnachverfolgung benötigen. Doch wir mussten dringend reagieren, denn die Gefahr bestand, dass Rettungswagen im Einsatz nicht auf direktem Weg das Klinikum anfahren können, weil die Zufahrtsstraße durch die auf einen Corona-Test wartenden Bürger in ihren PKW zugestellt war. Es ist völlig abwegig anzunehmen, die Mitarbeiter im Landratsamt, die Führungskräfte oder ich würden die Corona-Pandemie nutzen, um die Bürger in ihren Rechten und Freiheiten zu beschneiden.
Sehr geehrter Herr Düffert, sehr geehrte Frau Suppa, die Freiheit der Presse ist für mich ein hohes Gut. Schließlich ist, wie eingangs erklärt, eine kritische und unabhängige mediale Berichterstattung Grundlage für die demokratische Willensbildung. Dieser wichtigen Aufgabe werden die Medien freilich nur dann gerecht, wenn sie fair und objektiv die Dinge so darstellen, wie sie sind. Es ist für mich, meine Mitarbeiter und auch viele Bürger sehr befremdlich zu lesen, wie in Altenburg tätige Journalisten aus Ihrem Haus unzutreffend über die Arbeit der Kreisverwaltung berichten. Unrichtige Aussagen werden auch nicht einfach zu einer Meinungsäußerung, nur weil sie unter der Überschrift „Kommentar“ stehen. Gleiches gilt für die falschen Behauptungen, Führungskräfte aus dem Landratsamt würden „ohne Erklärung einfach abtauchen“ oder Maßnahmen „ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Tiefenprüfung“ anordnen.
Eine Berichterstattung mit derart sachlich falschen Aussagen wird der momentanen Situation nicht gerecht. Die in Ihrer Zeitung gezeichneten Zerrbilder stiften tiefes Misstrauen, verunsichern die Bevölkerung und die Mitarbeiter des Landratsamtes. Ich scheue keine Kritik, doch diese einseitige Darstellung der Arbeit im Landratsamt finde ich äußerst bedenklich.
Die „Osterländer Volkszeitung“ ist als einzige regionale Tageszeitung im nördlichen Landkreis ein wichtiges Informationsmedium für die Bürger. Ich erwarte und hoffe, dass Sie der daraus folgenden besonderen Verantwortung in Zukunft mit einer fairen und ausgewogenen Berichterstattung gerecht werden.
In diesem Sinne wünsche ich schöne Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr. Bitte bleiben Sie gesund!
Uwe Melzer
Landrat des
Landkreises Altenburger Land
Altenburg, den 10. Dezember 2020