Fachleute begutachten Gewässer im Landkreis und überraschen Anwohner
Altenburg. Den Stürmen im Winter hatte die alte Weide nichts mehr entgegenzusetzen. Jetzt ist der Stamm zersplittert, Äste, große wie kleine, sind heruntergebrochen und liegen kreuz und quer im Gerstenbach. Die Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde machen sich Notizen, noch schnell ein Foto, dann geht es weiter. Knapp fünf Kilometer Gewässerschau stehen an diesem Tag auf dem Programm.
„Insgesamt ist der Landkreis für 550 Kilometer Gewässer verantwortlich“, sagt Antje Winkler, Mitarbeiterin im Landratsamt. Regelmäßig werde im Rahmen der öffentlichen Gewässerschauen deren Zustand von der Behörde geprüft, erklärt sie weiter auf dem Weg durchs Gerstenbachtal Richtung Tegkwitz. Startpunkt war an diesem Mittwoch in Rositz. Zwei Wochen lang nahmen die Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde, die zum Fachdienst Natur- und Umweltschutz gehört, den Gerstenbach unter die Lupe.
„Gestern hatten wir deutlich mehr zu beanstanden. Nicht erlaubte Wasserentnahmen haben wir festgestellt, außerdem gibt es viele Stellen, an denen das Ufer verbaut ist und immer wieder liegt illegal entsorgter Grünschnitt auf der Uferböschung, der natürlich nicht Bach geschwemmt werden darf“, zählt Winkler auf und schüttelt den Kopf. So schlimm sei es lange nicht gewesen, bilanziert sie nach etwa zwei Drittel der insgesamt rund 22 Kilometer Gewässerschau.
Ganz anders die zerborstene Weide, die vor ein paar Minuten im Blick des Trupps war, zu dem neben der Unteren Wasserbehörde auch Vertreter des Gewässerunterhaltungsverbandes und des Landesfördermittelgebers sowie Anwohner Stefan Kirschner gehörten. „Ich hätte nicht gedacht, dass das so in Ordnung ist. Ich war immer der Meinung, es muss möglichst alles raus aus dem Bachlauf“, ist Kirschner immer noch überrascht von der Begeisterung der Sachverständigen über die Wildnis. Er hat ein Grundstück direkt am Gerstenbach in dem kleinen Monstaber Ortsteil Wiesenmühle, deshalb sei er aus Interesse mitgegangen, erzählt er. Ohne Mühen zu scheuen, habe er sich in der Vergangenheit um die Böschung und teilweise das Bachbett gekümmert. Nicht in jedem Fall immer das, was gewollt und nötig ist, erfuhr er.
„Viele Anwohner machen viel zu viel, im guten Glauben das Richtige zu tun“, erläutert Carsten Kern, zuständig für die technische Gewässeraufsicht im Landratsamt. Pflanzen und Tiere benötigen kein penibel aufgeräumtes Gewässer. Im Gegenteil, erst Struktur bringe Leben in die Flüsse und Bäche. Deswegen sind Hindernisse im Wasserlaufwie Totholz, Sandbänke und dergleichen wünschenswert. „Wir wollen ja zum Beispiel, dass der Gerstenbach aus seinem Bett ausbricht, sich neue Wege sucht und wieder mäandert.“ Das sei letztlich nicht nur für die Flora und Fauna wichtig, sondern leiste einen effektiven Beitrag zum Hochwasserschutz. Denn so verschaffen sich die Flüsse und Bäche mehr Raum, was Überschwemmungen von Ortschaften vermeiden hilft.
Dementsprechend erfreulich seien die Gewässerrandstreifen, die mittlerweile vorgeschrieben sind und heute das Gerstenbachtal wieder prägen. „Diese zehn Meter breiten Feldränder dürfen nicht bestellt werden. Sie bieten den Gewässern Platz und schützen sie vor Sedimenteintrag. Eine wirklich sinnvolle Regelung, die aber natürlich auch viel zusätzliche Arbeit bedeutet beim Durchsetzen und Kontrollieren“, ordnet Fachdienstleiterin Birgit Seiler ein.