Vorentwürfe der Ideenfindung vorgestellt
Das „neue“ Lindenau-Museum nimmt Gestalt an.
Nach einer intensiv geführten Debatte um die neue Eingangsgestaltung des Lindenau-Museums Altenburg wird das künftige Aussehen des Museumsgebäudes nun konkreter: Ein hochkarätig besetztes Gremium hat am 10. Februar 2023 aus sechs in einem Bearbeitungsverfahren eingereichten Vorschlägen zur Neugestaltung des Eingangsbereiches mit dem Entwurf des Architekturbüros Hoskins Planungs GmbH nun eine zur Umsetzung empfohlene Vorplanung bestimmt.
Der bevorzugte Vorentwurf für den Eingangsbereich des Lindenau-Museums wurde gekürt
Sechs überregional bekannte Architekturbüros haben sich in den letzten zehn Wochen intensiv mit dem Gebäude des Lindenau-Museums Altenburg auseinandergesetzt. Ziel der sechs Teilnehmer eines Bearbeitungsverfahrens war es, einen richtungsweisenden Vorentwurf für die Neugestaltung des Eingangsbereiches des Museums zu erstellen. Dabei gab es Voraussetzungen zu bedenken wie die Herstellung der Barrierefreiheit, die symmetrische Ausrichtung des Gebäudes zur Wettinerstraße hin, die harmonische Einbindung in das Ensemble des Schlossgartens und natürlich die ästhetische Verbindung des neu zu schaffenden vorgelagerten Stadtgeschosses mit dem historischen Museumsgebäude.
Nach Ansicht eines 15-köpfigen Gremiums, welches der Bauherr (Landratsamt Altenburger Land) in Abstimmung mit den Fördermittelgebern Bund und Freistaat Thüringen sowie mit dem Nutzer (Lindenau-Museum) einberufen hatte, wurden diese Kriterien am besten vom Vorentwurf des Berliner Büros Hoskins Planungs GmbH berücksichtigt bzw. umgesetzt.
Ausschlaggebend für die Entscheidung für diesen Entwurf war nach Meinung der Architekten, Denkmalschützer, Vertreter der Stadtgesellschaft, des Landkreises, des Bauherrn und des Nutzers:
„Die Arbeit verleiht dem vorgezogenen Gebäudesockel eine neuartige Interpretation, entspricht dem Wunsch des Bauherrn, das Museumsgebäude durch ein Stadtgeschoss zu öffnen und unterstreicht mit der geschwungenen Ausführung des Volumens die Einbettung des Bauwerkes in den Park. Die Sicht auf den Museumsbau erfährt keine Beeinträchtigung. Durch Formensprache und Materialwahl erhält das historische Gebäude eine neuartige Zeitschicht, ohne in seinem Charakter in Frage gestellt zu werden.
Die städtebauliche Konzeption Engers wurde bestärkt, ohne die außenliegende zentrale Freitreppe wiederaufzunehmen; sie wurde durch einen mittigen bodengleichen Zugang ersetzt. Der vorgelegte Entwurf greift nicht weiter in die historische Gebäudekonzeption und damit Substanz ein als der schon erarbeiteten Entwurf von Kummer. Lubk. Partner.
Allen Besuchern ermöglicht das neue “Stadtgeschoss“ einen barrierefreien Zugang, der durch die axiale Position gut wahrnehmbar und einladend ist. Kasse und Foyer bieten eine großzügige Fläche, die auch mit einer geringen Personalbesetzung für Kasse und Shop organisierbar ist. Noch zu entwickeln sind Präsentationsmöglichkeiten für den Shop-Bereich. Außerdem bedarf es einer eindeutigen Wegeführung, um die Eintretenden auf die Kasse zu lenken. Erforderlich erscheinen zudem eine direkte eigene Zulieferung für Materialien in die Werkstatt und die direkte Wegebeziehung Werkstatt/Studio - Toiletten.“
(Auszüge der Bewertung der Arbeit 1001 durch das Gremium)
Uwe Melzer, verantwortlicher Bauherr und Landrat des Landkreises Altenburger Land, hob die ebenso zielorientierte wie freundliche Atmosphäre der fast siebenstündigen Sitzung des Gremiums am vergangenen Freitag hervor und zeigte sich von der Qualität der sechs eingereichten Vorentwürfe begeistert. Jeder Entwurf für sich habe lange Diskussionen nach sich gezogen und im ersten Bewertungsrundgang seine Befürworter gefunden. Erst im zweiten Rundgang habe sich nach und nach eine klare Tendenz zugunsten des Siegerentwurfs abgezeichnet.
Bernd Wenzlau, Fachbereichsleiter im Landratsamt, wies auf den nun anstehenden Abstimmungsbedarf mit dem für das Gesamtprojekt verantwortlichen Planungsbüro Kummer. Lubk. Partner hin, da die Zusammenarbeit der beiden Planer zur Vorlage eines abgestimmten Entwurfs für das Bestandsgebäude und den Eingang die Voraussetzung für die Überarbeitung der Unterlagen zur Einreichung bei den Zuwendungsgebern sei.
Dr. Roland Krischke, Direktor des Lindenau-Museums Altenburg, verwies auf die Impulse, die die unterschiedlichen Vorentwürfe für die weitere Diskussion gebracht hätten, war aber vor allem von dem nun zur Weiterbearbeitung ausgewählten Entwurf begeistert: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit dem nun ausgewählten architektonischen Konzept eine sehr gute Lösung gefunden haben, mit dem wir den Neubau des Eingangsbereiches einen entscheidenden Schritt voranbringen. Die neue Gestaltung gibt dem Museumsgebäude
Halt, ermöglicht den Eingang für alle Besucher in einem Stadtgeschoss, erlaubt Einblicke in die Arbeit der Kunstschule und bindet die Terrasse in den umgebenden Schlossgarten mit ein. Natürlich gibt es an zahlreichen Stellen noch Gesprächsbedarf, aber uns stehen nun gemeinsam mit dem Bauherrn und den Architekten spannende Gespräche bevor, auf die ich mich freue.“
In einem nächsten Schritt wird das Landratsamt Altenburger Land zu einem Abstimmungsgespräch das Büro Hoskins Planungs GmbH und das beauftragte Architekturbüro KLP aus Erfurt zu einem ersten Gedankenaustausch einladen und die weitere Verfahrensweise mit beiden Büros vereinbaren.
Ausstellung der Vorentwürfe im Lichthof des Landratsamtes
Die Vorentwürfe der sechs Architekturbüros können bis zum 10. März 2023 zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes Altenburger Land in der Lindenaustraße 9 in Altenburg besichtigt werden (jedoch nicht am 22. und 23. Februar 2023 aufgrund von anderen Veranstaltungen im Lichthof). Am Samstag, dem 18. Februar 2023, und am Samstag, dem 25. Februar 2023, sind von 10 Uhr bis 14 Uhr Vertreter des Bauherrn und des Lindenau-Museums anwesend, die über die Entwürfe, ihre Hintergründe und die weiteren Schritte zu informieren.
Die teilnehmenden Architekturbüros
Entwürfe für die Neugestaltung des künftigen Eingangsbereiches haben abgegeben:
- Lederer Ragnarsdóttir Architekten PartGmbH
- SPRINGERARCHITEKTEN Gesellschaft mbH
- Atelier ST - Gesellschaft von Architekten mbH
- Hoskins Planungs GmbH
- BASD.Schlotter und Kruschel Architekten GbR
- Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten mbH
Das Bewertungsgremium
Das Bewertungsgremium für die architektonische Ideenfindung setzte sich aus regionalen Entscheidungsträgern und Fachleuten unterschiedlicher Bereiche zusammen. Die Mitglieder des Gremiums (alphabetische Reihenfolge):
Christiane Deckert
Architektin, Thüringer Staatskanzlei
Christoph Ellermann
Freier Architekt, Stadtplaner
Matthias P. Gliemann (Vorsitzender des Bewertungsgremiums)
Architekt, Vorsitzender des Thüringer Landesdenkmalrats
Dr. Roland Krischke
Direktor des Lindenau-Museums Altenburg
Uwe Melzer
Landrat des Landkreises Altenburger Land
André Neumann
Oberbürgermeister der Stadt Altenburg, Vertreter der „Stadtgesellschaft“
Holger Reinhardt
Landeskonservator, Thüringer Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie
Dr. Stefan Rhein
Vorstand und Direktor der Stiftung Luther Gedenkstätten Sachsen-Anhalt a. D. (1998-2023)
Hellmut Seemann
Präsident Klassik Stiftung Weimar a. D. (2001-2019)
Dr. Jürgen Tietz
Architekturkritiker, Buchautor, Journalist
Dr. Ulrike Wendland
Geschäftsführerin Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Bernd Wenzlau
Fachbereichsleiter Bildung und Infrastruktur am Landratsamt Altenburger Land
Prof. Thomas Will
Architekt, Denkmalpfleger
Christoph Zippel, MdL
Vorsitzender des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport des Kreistages des Landkreises und Mitglied des Stadtrates der Stadt Altenburg
Steffen Kühn, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Umwelt und Bau des Kreistages des Landkreises Altenburger Land, musste krankheitsbedingt auf seine Teilnahme an der Gremiumssitzung verzichten.
Vom Bundestagsbeschluss zur Förderung des Lindenau-Museums Altenburg bis hin zum Werkstattverfahren für den neuen Eingang
Im November 2018 fasste der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages den Beschluss, das Lindenau-Museum Altenburg mit 24 Millionen Euro für Sanierung und Modernisierung des Museumsgebäudes am Schlossberg sowie die Erweiterung um den Herzoglichen Marstall zu unterstützen. Der Freistaat Thüringen unterstützt das Vorhaben in gleicher Höhe, so dass insgesamt 48 Millionen Euro für die Baumaßnahmen am Museumsgebäude, für den Herzoglichen Marstall und zur Herstellung der Wegebeziehung im Schlossgarten zur Verfügung stehen.
An das Gebäude des künftigen Lindenau-Museums wurden Anforderungen einem modernen Museumsbetrieb entsprechend gestellt. Dazu zählten Aspekte wie eine Klimatechnik zur Sicherstellung der konservatorischen Bedingungen für die weltberühmten italienischen Tafelgemälde der Frührenaissance, zeitgemäße sanitäre Anlagen, ein neuer Kassen- und Shop-Bereich und die barrierefreie Erschließung des gesamten Hauses. Von diesem Anforderungskatalog ausgehend wurde der Entschluss gefasst, ein neues Stadtgeschoss für den Besucherverkehr in das Museum zu erstellen, das in Zukunft auch als Eingangsbereich des Hauses dient.
Durch das Architekturbüro Kummer. Lubk. Partner wurde im September 2021 ein erster Planungsstand des neuen Eingangsbereiches vorgestellt, ein zweiter Stand wurde Anfang 2022 präsentiert. Beide Ansichten wurden von Fachleuten wie auch von großen Teilen der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Infolgedessen wurde im April vergangenen Jahres ein Expertengespräch veranstaltet, das zum Ausgangspunkt für ein Werkstattverfahren wurde, aus dem nun die vom Gremium empfohlene Vorplanung des Büros Hoskins Planungs GmbH zur weiteren Bearbeitung hervorging.
Das Lindenau-Museum Altenburg
Das Lindenau-Museum Altenburg gehört zu den bedeutendsten Kunstmuseen Mitteldeutschlands und ist seit 2001 Teil der „Konferenz nationaler Kultureinrichtungen“ (Blaubuch). Grund für diese Einordnung sind die von Museumsgründer Bernhard August von Lindenau erworbenen Sammlungen wie die 180 italienischen Tafelgemälde der Frührenaissance, die Abguss-Sammlung, Kunstbibliothek und Architekturmodelle, aber auch die auf das Gründungsjahr 1848 zurückgehende Kunstschule mit ihren beispielhaften Angeboten. Insbesondere nach 1945 wurden die Sammlungen bedeutend um Kunst der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart erweitert. Das Lindenau-Museum vergibt mit dem Gerhard-Altenbourg-Preis den wichtigsten Thüringer Kunstpreis.
2020 erhielt das Museum mit dem Programm Lindenau21PLUS eine weitere Bundesförderung, mit der die Entwicklung des Hauses in den Bereichen Digitalisierung, Provenienzforschung, Kunstvermittlung und das länderübergreifende Marketing bis 2027 kräftig unterstützt wird.
Ebenfalls seit 2020 ist das Lindenau-Museum mit dem Schloss- und Kulturbetrieb der Stadt Altenburg Teil der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Altenburger Museen. Ein Masterplan für den gesamten Altenburger Schlossberg ist in Vorbereitung, der u. a. eine gemeinsame Trägerschaft für beide Einrichtungen anstrebt.
2023 ist ein Jubiläumsjahr für das Lindenau-Museum, da vor 175 Jahren das erste von Bernhard August von Lindenau gegründete Museum mit Kunstschule am Altenburger Pohlhof eröffnet wurde. Über 20 Jahre nach Lindenaus Tod 1854 wurde 1876 das heutige Museumsgebäude in Verlängerung der Wettiner Straße am Fuß des Altenburger Schlossgartens eröffnet.