Uwe Melzer: „Wir halten zusammen im Altenburger Land“
Im Interview spricht der Landrat über die in den kommenden Monaten anstehenden Aufgaben und Großprojekte
Herr Melzer, kurzer Blick zurück, bevor wir uns der Zukunft widmen. Welcher Gedanke haftet Ihnen am meisten an, wenn Sie ans Jahr 2022 denken?
Uwe Melzer: Nach den schwierigen Corona-Jahren 2020 und 2021 hatte ich mir gewünscht, mit meiner Verwaltung endlich aus dem Krisenmodus herauszukommen. Doch der Überfall Russlands auf die Ukraine, den ich aufs Schärfste verurteile, hat diesen Wunsch zunichtegemacht und uns erneut vor große Herausforderungen gestellt. Ich weiß noch, als der erste Bus mit ukrainischen Flüchtlingen am 29. März in Treben ankam, bin ich mit einem großen Sack voller Kuscheltiere hingefahren, um den Jüngsten eine kleine Freude zu machen. Auf Frauen und Kinder zu treffen, die vor Raketen und Bomben flüchten mussten, diese Bilder sind in meinem Kopf hängen geblieben. Sehr berührt hat mich aber auch die große Hilfsbereitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger. Und auch viele Kommunen haben uns unterstützt, etwa bei der Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge. Alleine hätten wir das als Verwaltung nicht geschafft und deswegen kann ich gar nicht oft genug DANKE sagen. Einmal mehr hat sich in 2022 gezeigt: Wir halten zusammen im Altenburger Land!
Ihre Wünsche für 2023?
Frieden in der Ukraine. Gesundheit für uns alle. Die Dinge, Vorhaben und Projekte bei uns im Landkreis positiv und optimistisch angehen und in der Öffentlichkeit nicht vorschnell schlechtreden, wenn einmal nicht sofort auf den Punkt genau alles passt. Nur so können wir das Altenburger Land voranbringen.
Welche Großbaustellen hat der Landkreis in diesem Jahr?
Vorangehen wird es vor allem bei der Sanierung von Lindenau-Museum und Theater. Es gibt in Kürze eine Entscheidung dazu, wie das Stadtgeschoss des Lindenau-Museums künftig aussehen soll und natürlich werden viele Sanierungsabschnitte im Innen- und Außenbereich umgesetzt. Bezüglich des in das Gesamtsanierungskonzept eingebundenen Marstalls werden wir dieses Jahr eine konkrete Aufgabenstellung erarbeiten. Ich bin optimistisch, dass wir mit den Bauarbeiten im Landestheater so fertig werden, dass wir mit Spielzeitbeginn 2024/2025 wieder ins Gebäude ziehen können. Viele Bauabschnitte laufen nach Plan. Der spät entdeckte erhebliche Schaden in der Decke des Zuschauersaales, dem Kronenboden, macht uns momentan noch Sorgen. Aber wir kriegen auch das hin. Ein weiteres Großbauprojekt, welches wir dieses Jahr angehen werden, ist der Wiederaufbau des Nordflügels der Burg Posterstein. Die Planungsleistungen dafür hatten wir letztes Jahr ausgeschrieben, so dass demnächst gebaut werden kann. Saniert und verschönert wird auch wieder in vielen unserer Schulen.
Noch ein Wort zu den Kreisstraßen bitte.
Wir werden in diesem Jahr für rund 3,3 Millionen Euro verschiedene Kreisstraßenabschnitte ausbauen und Brückenplanungen in Angriff nehmen, so etwa in den Ortslagen Molbitz, Meuselwitz, Pahna und Wettelswalde sowie in Kotteritz die Pleiße-Brücke.
Wie geht es aktuell mit dem Breitbandausbau voran?
In der Kooperationsgemeinschaft Altenburg Ost begannen die Bauarbeiten im Frühjahr 2022 im Bereich der Stadt Gößnitz. Die Arbeiten in den Ortsteilen Goldschau, Gieba, Runsdorf, Zumroda und Löhmigen der Gemeinde Nobitz, in den Ortsteilen Koblenz und Pfarrsdorf der Stadt Gößnitz sowie in Gößnitz selbst sind inzwischen weitgehend fertiggestellt. Hier können die ersten Haushalte bereits die Vorteile des Glasfasernetzes nutzen. In der Kooperationsgemeinschaft Altenburg West ging es im Juni 2022 los mit dem Aufstellen einer Technikzentrale in Schmölln. Bis Dezember erfolgten Tiefbauarbeiten in den Ortschaften Schönheide, Thonhausen, Jonaswalde und Wettelswalde. Zudem konnte der erste Bauabschnitt in Vollmershain realisiert werden.
Zum besseren Verständnis wo gebaut wird und wo nicht, möchte ich noch einmal kurz klarstellen: Förderfähig im sogenannten „Weiße-Flecken-Programm“ des Bundes waren und sind ausschließlich Adressen, für die zum Zeitpunkt des Markterkundungsverfahrens 2016 in den folgenden drei Jahren kein Telekommunikations-Unternehmen einen eigenwirtschaftlichen Ausbau geplant hatte und eine Unterversorgung von weniger als 30 Mbit/s vorlag.
Durch die aktuellen Herausforderungen im Bausektor müssen auch wir einen gewissen Zeitverzug in der baulichen Realisierung feststellen. Dennoch kommen wir kontinuierlich voran.
Sie hatten angekündigt, die Angebote des öffentlichen Personennahverkehres im gesamten Landkreis zu verbessern. Wie ist hier der Stand?
Die Neuausrichtung des ÖPNV soll in mehreren Stufen erfolgen. Nach Beschluss eines ersten Umsetzungskonzeptes im Kreistag haben wir im Dezember 2022 mit der ersten Stufe begonnen. Hierfür hat die THÜSAC erst einmal den Busverkehr in der Nordregion neu konzipiert. Das Hauptnetz wurde durch die Erweiterung von stündlich fahrenden PlusBus-Linien und zweistündlich verkehrenden TaktBus-Linien, die auf das S-Bahn-Netz abgestimmt sind, verstärkt. Ergänzt wird das Liniennetz durch Umstiegsmöglichkeiten in RufBusse, wodurch abgelegene Ortschaften besser erreicht werden. Anfänglich holperte es ein bisschen beim Schülerbeförderung, hier hat die THÜSAC rasch nachjustiert. Für verlässliche Zahlen, wie das von den Bürgern angenommen wird, ist es noch zu früh, die werden wir in den nächsten Wochen aber haben und dann wollen wir mit den weiteren Stufen fortfahren, also mit der Verbesserung der Fahrangebote auch in den anderen Teilen des Landkreises.
Im März muss der Landkreis seine Schulnetzplanung beim Freistaat vorlegen. Noch immer wackelt die Regelschule Lucka. Welche Lösung ist in Sicht?
Für nahezu alle unsere Schulen haben wir eine Lösung gefunden; in Ponitz gibt es eine Kooperation mit der Grundschule Gößnitz. Mein Vorschlag für Lucka ist es, den Schulbetrieb in der Regelschule Lucka als Filiale der Regelschule Meuselwitz ab dem Schuljahr 2023/2024 fortzusetzen und zwar in einem Erprobungsmodell. Ich hoffe sehr, dass wir bei den Meuselwitzern und Luckaern auf Akzeptanz stoßen. Das Erprobungsmodell soll auf drei Jahre befristet sein. Vom Kreiselternbeirat gibt es positive Signale.
Wobei wird der Landkreis in den kommenden Monaten besondere Akzente setzen?
Wir gehen viele Zukunftsthemen an. Drei Beispiele möchte ich nennen.
Stichwort Bioökonomie: Die Bedeutung von Stoffkreisläufen und von nicht-fossilen Rohstoffen wird für unsere Wirtschaft und unser tägliches Leben in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Im Rahmen des Modellvorhabens „Progressiver ländlicher Raum – Altenburger Land“ veranstalten wir zu diesem Thema am 22. Februar einen „Schaufenster-Tag Bioökonomie“, bei dem regionale Akteure ihre Ansätze aus diesem Bereich vorstellen. Aufgrund seines hohen landwirtschaftlichen Nutzflächenanteils in Verbindung mit ertragreichen Böden bietet das Altenburger Land beste Ausgangsbedingungen für bioökonomische Stoffkreisläufe. Das Ziel ist ganz klar: Regionale Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten stärken.
Stichwort Wasserstoff: Der Landkreis Altenburger Land gehört zu den 15 HyStarter-Wasserstoffregionen, die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen der sogenannten HyLand-Initiative gefördert werden. Um in Zukunft die Potenziale von grünem Wasserstoff als Baustein für Mobilität und Energieversorgung zu nutzen, kamen bereits im letzten Jahr Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung mehrfach zum Dialog zusammen. In den nächsten Schritten geht es darum, ein Konzept zur Etablierung einer regionalen Wasserstoffwirtschaft, einen weiteren Fahrplan und konkrete Projektideen zu entwickeln.
Stichwort Fachkräftegewinnung: Aufbauend auf den Ergebnissen der Schulabsolventenbefragung 2022 und des Fachtages Schule und Wirtschaft im November werden wir gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Ostthüringen sowie mit weiteren Partnern den „Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT Altenburger Land“ reaktivieren. Das erste Treffen dieses Netzwerkes fand am 7. Februar statt. Gemeinsam wollen wir Angebote und Kräfte bündeln und weiterentwickeln, damit wir den jungen Menschen und ihren Familien die Chancen und Möglichkeiten einer beruflichen Zukunft im Altenburger Land besser aufzeigen können.
Interview: Jana Fuchs