„Ein Blackout wäre der schlimmste aller anzunehmenden Katastrophenfälle“

9. Dezember 2022

Ein über mehrere Tage andauernder großflächiger Stromausfall ist angesichts der anhaltenden Energiekrise auch im Altenburger Land nicht undenkbar. Auch die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts nach Hackerangriffen ist in Deutschland seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gestiegen.

Was tut das Landratsamt, um auf einen Blackout vorbereitet zu sein?
Wie kann sich die Bevölkerung für einen solchen Fall rüsten?

Hier geht es zum Download eines entsprechenden Informations-Flyers, der seit Ende November auch im Papierformat in den Stadt- und Gemeindeverwaltungen und im Landratsamt erhältlich ist.


Wie kann sich der Landkreis auf einen Blackout vorbereiten?

Antworten darauf gibt im Gespräch Ronny Thieme. Er ist im Landratsamt Altenburger Land der verantwortliche Fachbereichsleiter für den Brand- und Katastrophenschutz.

Herr Thieme, was genau bedeutet Blackout und wie realistisch ist ein solches Szenario hier bei uns?

Fachbereichsleiter Brand- und Katastrophenschutz Ronny Thieme

Ronny Thieme: Von einem Blackout sprechen wir, wenn der Strom über Tage oder Wochen in einem mehrere Bundesländer betreffenden Gebiet ausfällt. Die Bundesnetzagentur hat sich zuletzt immer wieder dahingehend geäußert, dass ein Blackout in Deutschland eher unwahrscheinlich ist, man ihn angesichts der anhaltenden Energiekrise aber nicht gänzlich ausschließen kann. Ebenso wenig lassen sich seit Ausbruch des Ukraine-Krieges Hackerangriffe auf das deutsche und europäische Energienetz ausschließen. In An - betracht dessen sollten wir selbstverständlich nicht in Panik verfallen, aber auch nicht unvorbereitet sein.

Funktioniert eigentlich bei länger ausfallendem Strom noch irgendetwas in unserem Alltag?

Voraussichtlich wird wohl fast nichts mehr funktionieren. Deshalb wäre ein Blackout der schlimmste aller anzunehmenden Katastrophenfälle, nicht annähernd vergleichbar etwa mit einem Jahrhunderthochwasser. Kein Licht, keine Supermarkttür öffnet sich und auch keine Supermarktkasse, kein Benzin lässt sich an der Tankstelle zapfen, Wasser kommt bald nicht mehr aus der Leitung, die Toilettenspülung funktioniert nicht, Funk und Fernsehen bleiben still, Mobilfunkgeräte nach kurzer Zeit ebenso. Natürlich verfügen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur wie zum Beispiel die Polizei, Kliniken und Medienanstalten über Notstromaggregate, aber auch denen geht binnen weniger Tage der Kraftstoff aus. Das ist eine sehr ernste Situation.

Wie vorbereitet ist denn die Kreisverwaltung auf einen Blackout?

Das Altenburger Land hat rund 87.000 Einwohner. Keine Kreisverwaltung ist in der Lage, sich um diese Masse Menschen zu kümmern. Aufgabe des Bereiches Brand- und Katastrophenschutz in der Kreisverwaltung aber ist es, dafür zu sorgen, dass im Falle eines Blackouts die Strukturen der Rettungskräfte, Hilfsorganisationen und ehrenamtlichen Helfer funktionieren, damit sie arbeiten und den Bürgern zur Seite stehen können. Diesbezüglich sind wir sehr gut vorbereitet. Dazu gehört zum einen exakte Kenntnis darüber, welche Einrichtungen der kritischen Infrastruktur in unserem Landkreis über eine Notstromversorgung verfügen. In den zurückliegenden Jahren haben wir außerdem mit millionenschweren Investitionen, nicht zuletzt dank weitsichtiger Entscheidungen unseres Kreistages, dafür gesorgt, dass wir über einen kompletten und modernen Fuhrpark an Katastrophenschutz- und Feuerwehr-Fahrzeugen verfügen mit entsprechend dafür ausgebildeten Kameradinnen und Kameraden. Hier sind wir besser aufgestellt als so manch anderer Landkreis. Zudem liegen in unserer Schublade fertige Tourenpläne für Kurierfahrten zwischen der Kreisverwaltung, den Städten, Verwaltungsgemeinschaften und Feuerwehren, um Informationen transportieren zu können. Und schließlich haben wir verschiedene Szenarien im Falle eines Blackouts im Katastrophenschutzstab in der Vergangenheit mehrfach durchexerziert, unter anderem gemeinsam mit dem Klinikum und den Energieversorgern vor Ort.

Wo bekommen die Bürger Informationen und Hilfe?

Gemeinsam mit den örtlichen Feuerwehren, den Städten und Verwaltungsgemeinschaften haben wir sogenannte Katastrophenschutz-Punkte und Katastrophenschutz-Hilfspunkte im Kreisgebiet eingerichtet. Die Katastrophenschutz-Hilfspunkte befinden sich bei den jeweiligen freiwilligen Feuerwehren. Dorthin sollen sich die Bürger zuerst wenden. Hier gibt es Informationen zur aktuellen Lage, zu Lebensmittelund Trinkwasserversorgung, zu Notunterbringung, zu Gesundheitsversorgung. Hier wird aber auch nachbarschaftliche Selbsthilfe organisiert, der Einsatz von Spontanhelfern und sämtliche Hilfsmaßnahmen werden koordiniert.

Da davon auszugehen ist, dass die Feuerwehren im Falle eines Blackouts relativ schnell an ihre materiellen und personellen Grenzen stoßen werden, haben wir zusätzlich Katastrophenschutz-Punkte eingerichtet, die sich in Altenburg, Gößnitz, Lucka, Meuselwitz, Nobitz, Schmölln, Treben und Rositz befinden. Auch hier bekommen die Bürger Informationen und Hilfe, auch Lebensmittel soweit diese vorrätig sind, und es wird über einen Zeitraum Strom und Wärme zur Verfügung stehen.

Wie kann man als Bürger selbst Vorsorge für den Katastrophenfall treffen?

Ein paar Dinge sollte man immer im Haushalt haben. Dazu zählen Lebensmittelvorräte für mindestens zehn Tage inklusive zwei Liter Flüssigkeit pro Tag und Person, Futter für Haustiere, Akkus und Powerbanks, ein batteriebetriebenes Radio, Campingkocher oder Grill, Taschenlampen, Kerzen und Feuerzeug, Decken, warme Kleidung und etwas Bargeld. Ich empfehle hier den Ratgeber des Bundesamtes für Katastrophenschutz, der unter www.bbk.bund.de eingesehen und heruntergeladen werden kann.

Interview: Jana Fuchs